2
Stunden östlich von der Stadt auf 190 m hohem
Hügel gelegenen
Ruinen des berühmten Athenetempels, der an
Größe und Bauart
dem Theseustempel in
Athen
[* 2] am nächsten kommt, und dessen (1811 aufgefundene) Giebelgruppen ältern strengen
Stils jetzt den
Äginetensaal der
Glyptothek in
München
[* 3] zieren (s. Tafel
»Bildhauerkunst
[* 4] II«,
[* 5] Fig. 1). Im südöstlichen
Teil der
Insel stand ehemals auf dem 531 m hohen Gipfel eines
Bergs das Heiligtum des
Zeus
[* 6]
Panhellenios, ein einfacher, von einer
halbkreisförmigen
Mauer umgebener
Altar,
[* 7] an dessen
Stelle jetzt eine
Kapelle des heil.
Elias getreten ist.
Vgl.
About,
Mémoire
sur l'île d'Égine (in
»Archives des missions scientifiques, etc.«, 3. Teil).
Das Werk ist betitelt:
»Histoire de l'art par les monuments depuis sa décadence au IV. siècle jusqu'à
son renouvellement au XVI.«, wurde aber, da die
Revolution des Verfassers
Vermögen verschlungen hatte, erst nach seinem
Tode,
der in
Rom
[* 11] erfolgte, vollendet (Par. 1812-23, 6 Bde.
mit 325
Kupfern in
Fol.; deutsch von
Quast u. d. T.: »Sammlung der vorzüglichsten
Denkmäler der
Malerei, vorzugsweise vom 4. bis zum 16. Jahrh.«, Berl.
1840, 2 Quartbde. Tafeln und ein
Band
[* 12]
Text). Außerdem ist noch Agincourts
»Recueil de fragments de sculpture antique en terre
cuite« (Par. 1811) hervorzuheben.
Kunst. Unter den ältern griechischen
Kunstschulen hat die auf der
InselÄgina (s. d.) bis gegen die Mitte
des 5. Jahrh.
v. Chr. blühende frühzeitig einen hohen
Ruf erlangt. Sie hatte sich besonders an der
Darstellung
von Kämpferfiguren, die den Siegern in den
Kampfspielen zu
Ehren aufgestellt wurden, geübt und gibt uns daher heldenmäßige
Gestalten, in deren
Körpern männliche Kraftfülle mit naturalistischer
Schärfe und noch ohne ideale
Schönheit zumAusdruck
gelangt.
Muskeln,
[* 13]
Adern, die
Verbindung der
Gliedmaßen sind sehr genau wiedergegeben; es sind Athletenfiguren, die hier als
Helden vor
uns auftreten. Neben diesem
Naturalismus überrascht aber die Strenge, mit welcher das alte
Gesetz der
Symmetrie beibehalten
wurde. Dieselbe Grundidee der
Komposition beherrscht z. B. beide um 475 entstandene Giebelgruppen des Athenetempels
in
Ägina. Dieses Bauwerk wurde 1811 zuerst untersucht. Die Giebelfiguren wurden damals aufgefunden, durch
Thorwaldsen restauriert
und von dem bayrischen
KronprinzenLudwig erworben, später in die von ihm erbaute
Glyptothek in
München versetzt. Von den 22 ursprünglich
vorhandenen
Figuren sind 10 des Westgiebels
(s. Tafel
»Bildhauerkunst II«,
[* 5] Fig. 1) vollständig, die 11. in
Fragmenten erhalten; von denen des Ostgiebels sind 5 und viele Trümmer übrig.
Beide
Gruppen stellen
Kämpfe vor
Troja
[* 14] vor, in denen
Athene
[* 15] die griechischen
Helden schützt. Sie bildet den
Mittelpunkt der
Darstellung,
beide
Male in fast übereinstimmender
Erscheinung. Im westlichen
Giebel sehen wir den über dieLeiche des
Achilleus entbrannten
Kampf, wobei
Odysseus die
Trojaner abwehrt; im östlichen
Telamon und
Herakles
[* 16] den gefallenen Oikles gegen
Laomedon schirmend, eine
Szene aus dem frühern
Kampf zwischen Griechen und Troern. Während sich in der liebevoll genauen Naturbeobachtung
an diesen Marmorbildern ein wesentlicher Fortschritt der griechischen
Kunst zu erkennen gibt, zeigen alle
übrigen Merkmale noch den alten naiven
Stil der vorhergehenden
Epoche, in der die hellenische
Kunst zuerst den
Versuch machte,
sich einerseits der Einflüsse von orientalischen Völkern her, anderseits des strengen und starren Kultstils zu entledigen.
Daher noch jenes charakteristische Lächeln in den emporgezogenen Mundwinkeln, die schief stehenden, glotzendenAugen,
der Mangel an Lebendigkeit in der
Bewegung der
Körper, vor allem jedoch das Fehlen des
Ausdrucks der Seelenstimmung im
Antlitz.
Die Teilnehmer des
Kampfes bewahren in ihrem ganzen
Wesen eine ruhig milde, freundliche
Erscheinung. Nur im Ostgiebel zeigt
sich an einem der
Gefallenen, welche die
Ecken an beiden
Giebeln ausfüllen, der
Versuch, den
Ausdruck der
Todesschmerzen in den
Zügen wiederzugeben, wie der Ostgiebel überhaupt eine etwas vorgeschrittenere
Stufe der
Entwickelung
zeigt, welche wohl der
Vorstellung entsprechen dürfte, die wir uns von dem hervorragendsten
KünstlerÄginas,
Onatas, zu machen
haben. Die
Figuren des Äginetentempels waren an den Gewandsäumen,
Haaren,
Augen und andern
Details bemalt,
Haare,
[* 17] Waffenstücke etc. teilweise aus
Metall angesetzt. - Der Erzgießer
Onatas fertigte zahlreiche
[* 1]
Figurengruppen, heroische
Kämpfe darstellend, die als Weihgeschenke aufgestellt wurden.
Von ihm hatte man auch Götterbilder
(Apollon,
[* 18]
Hermes).
[* 19] Die Blüteperiode dieses gefeierten Künstlers fällt noch vor die
Mitte des 5. Jahrh. Neben ihm ist namentlich
Kallon zu nennen, dessen strengen
Stils die alten Schriftsteller
gedenken; unter den ältern Künstlern ist der Bildschnitzer Smilis hervorzuheben.
Vgl. J. M.
^[JohannMartin]
Wagner,
Bericht
über die äginetischen Bildwerke (hrsg. und mit kunstgeschichtlichen Anmerkungen begleitet
von
Schelling,
Tübing. 1817);
Overbeck, Geschichte der griechischen
Plastik (3. Aufl., Leipz. 1882);
(franz., spr. -schío, ital.
Aggio),
Aufgeld, der Betrag, um welchen der
Preis
(Kurs) einer Geldsorte den
Nennwert derselben übersteigt. Den Betrag, um welchen
dieserPreis hinter dem
Nennwert zurückbleibt, nennt man
Disagio (Abzug). Sind
Preis und Nennbetrag einander
gleich, so steht die Geldsorte pari. Agio und
Disagio werden in der
Regel in
Prozenten vom Nennbetrag, bei
Münzen
[* 20] bisweilen auch
im absoluten Betrag ausgedrückt. Zuweilen wird auch das Agio mit
plus (+), das
Disagio mitminus (-) bezeichnet.
Eine
Abweichung des
Kurses vom Nominalgehalt entstand früher durch eine fiskalische Ausbeutung des
Münzregals, wenn man zu
einem leichtern
Münzfuß überging, d. h. aus alten
¶
mehr
Münzen eine größere Zahl neuer mit gleicher Benennung prägte, welche ebenso wie jene gesetzliches Zahlungsmittel
waren. Infolgedessen wurden für Zahlungen nach außen nur die schwereren Münzen verwendet und für diese beim Umtausch gegen
neue Münzen ein Agio entrichtet. Die gleiche Wirkung konnte eine durch den Verkehr bewirkte allmähliche Verschlechterung der
Münzen haben. In den Kulturländern der Gegenwart kommen fiskalische Ausbeutungen der genannten Art nicht mehr vor, auch wird
dafür Sorge getragen, daß Münzen, welche über ein bestimmtes Maß abgenutzt sind, dem Verkehr entzogen werden.
Ein Agio bildet sich heute einmal durch die Verwendung verschiedener Metalle zu Kurantmünzen, dann durch Emission
von Papiergeld. Hat ein Land Doppelwährung, sind also Gold
[* 22] und Silber in einem bestimmten Verhältnis zu einander ausgeprägt
und in beliebigen Mengen gesetzliches Zahlmittel, so wird, wenn der Weltmarktpreis mit jenem Verhältnis nicht übereinstimmt,
die Münze, deren Metall höher geschätzt wird, ein Agio erhalten. So ist im französischen Münzsystem Gold
zu Silber im Verhältnis von 1:15,5 ausgeprägt, d. h. aus 15,5
kg Feinsilber werden ebensoviel Franken ausgebracht wie aus 1 kg Feingold.
Nun stand der Goldpreis vor 1848 höher, 1 kg Gold galt soviel wie 15,75 kg Silber. Infolgedessen wurde für Zahlungen nach auswärts
das wertvollere Gold verwendet, die silbernen 5-Frankstücke bildeten die Hauptverkehrsmünzen, und die
Goldmünzen hatten ein Agio bis zu 1½ Proz. Als in den 50er Jahren mit Entdeckung der kalifornischen und australischen Goldfelder
der Goldpreis sank, so daß 15,2-15,3 kg Feinsilber schon soviel
galten wie 1 kg Feingold, wurden Silbermünzen gegen ein zur Ausfuhr nach Asien
[* 23] gesucht, und es strömte
wieder Gold nach Frankreich zurück, wo es, zur Münze umgewandelt, zu dem gesetzlich bestimmten Verhältnis als Zahlungsmittel
genommen werden mußte.
Nach 1870 trat wieder das umgekehrte Verhältnis ein, doch schützte man sich durch Suspension der Silberausprägung dagegen,
daß Gold gegen Agio aufgekauft und dem Land entzogen wurde. Werden in Ländern der einfachen Währung Goldmünzen
in beschränkter Menge ausgeprägt und dieselben an Staatskassen zum sogen. Kassenkurs angenommen oder gewohnheitsmäßig
tarifiert, so können dieselben bei einer Änderung des Goldpreises ebensowohl Agio wie Disagio erhalten.
Dasselbe ist überhaupt bei allen zwischen einfacher und Doppelwährung sich bewegenden Zuständen der Fall. Überhaupt
ist das Agio eine Folge davon, daß eine bestimmte, nur in verhältnismäßig beschränkter Menge vorhandene Geldsorte für bestimmte
Zwecke besonders gesucht wird. Als Mitte der 70er Jahre in Deutschland bei ungünstiger ZahlungsbilanzGold für die Ausfuhr
nach England und Amerika
[* 24] begehrt wurde, bezahlte man dasselbe mit einem von 1 Proz. Das
Agio kann dann besonders hoch steigen, wenn bei herrschender Geldknappheit rasch größern Zahlungsverpflichtungen
nachgekommen werden muß, ohne daß vorhandene Bankvorräte dem Verkehr erschlossen werden. So wurde auch die französische
Ausstellung von 1878 zu einer Ursache, den Kurs der zum Besuch derselben nötigen französischen Münze zu steigern.
Ferner kann in rechtsunsichern Zeiten, wie in Paris
[* 25] im Mai 1848, der Goldpreis infolge davon über pari
sich erheben, weil Gold sich leichter verbergen und transportieren läßt als Silber und deswegen dem letztern vorgezogen wird.
Weit größer als bei Münzen sind die Kursschwankungen bei dem Papiergeld. Für dasselbe kann Agio gezahlt werden,
wenn dem emittierenden
Staat volles Vertrauen geschenkt und das nur in beschränkter Menge vorhandene Papier für Aufbewahrung
und Versendung von Geld gesucht wird.
Doch findet hier das Agio schon bald eine Schranke in der Verbesserung der Transporteinrichtungen, der Geld- und Kreditinstitute
oder auch in der Geneigtheit zur Mehremission. Weit häufiger als ein Agio tritt bei dem Papiergeld (s. d.)
ein Disagio ein, wenn dasselbe in einer im Verhältnis zum Staatskredit und zum Verkehrsbedarf zu großen Menge ausgegeben wird.
Hat nun das PapiergeldZwangskurs, so daß es für die Preisbemessung dient, so spricht man nicht von einem Disagio des Papiergelds,
sondern von einem Agio, welches für Münze gezahlt wird.
Ein solches Agio kommt in allen Ländern der Papierwährung dann vor, wenn letztere als solche durch Entwertung des Papiers eine
praktische Bedeutung erlangt. Es verschwindet, sobald die Barzahlung mit ausreichendem Erfolg wieder eingeführt wird, d. h.
wenn Sorge getragen wird, daß Papier jederzeit gegen bar umgetauscht werden kann und so der Überfluß
an Papier aus dem Verkehr abgestoßen wird. In Österreich-Ungarn
[* 26] wurde lange Zeit für Silber Agio gezahlt, d. h. der Silbergulden
wurde zu einer höhern Summe als zu einem Papiergulden, bez. zu 100 Kreuzer in Scheidemünzen genommen. War z. B. in Wien
[* 27] Silber
zu 120 notiert, so waren 100 Fl. österr. Währ.
Silber gleich 120 Fl. österr. Währ. Papier. Infolge der Silberentwertung der neuern Zeit ist dieses Agio verschwunden, an seine
Stelle aber dasjenige des Goldes (gegen Silber und Papier) getreten. In Italien und in Nordamerika
[* 28] wurde das Disagio des Papiergelds
(1 Doll. Gold stand 1864 auf 2,80 Doll. Papier) durch Aufnahme der Barzahlung beseitigt.
In einem andern Sinn bezeichnet man auch als den Betrag, um welchen eine Geldsorte eine für gewisse Rechnungen übliche Summe
übersteigt. So erhielt man inFrankreich früher für 1 kg Feingold, aus welchem 3444 4/9 Frank ausgeprägt wurden, 3434,44
Fr., indem 10 Fr. zur Deckung der Prägekosten zurückbehalten wurden. Den in Prozenten bemessenen Überschuß
des Goldpreises über 3434,44 (heute 3437) Fr. nennt man ebenfalls Agio. Ähnlich ist es bei dem Silber, für welches als Einheit
218,89 Fr. angenommen werden, während aus 1 kg Feinsilber 222 2/9 Fr. ausgemünzt werden. Endlich spricht man auch
wohl von einem der Wechsel und Effekten, insbesondere auch der Aktien, wenn deren Kurs über pari steht. In vielen Ländern (Frankreich)
wendet man jedoch statt Agio die Bezeichnung »Prämie« an.