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Hirtenvölker leben von Viehzucht, [* 2] Jagd und teilweise auch von Krieg und Raub; zu ihnen gehören die räuberischen Kaffern, Masai, Somal, Galla, der Schrecken ihrer Nachbarn, die Tuareg der Wüste, aber auch die Dama und Namaqua und ein großer Teil der Fulbe. Ihr Hauptreichtum sind Rinderherden und Herden von Kleinvieh, im N. Kamele [* 3] und Pferde. [* 4] Die Halbnomaden, wie die Schua (Araber) im Sudân, ziehen in der trocknen Zeit mit ihren Herden umher und bebauen zur Regenzeit das Feld, wenigstens durch Weiber und Kinder.
Dies sind die Bewohner der Wüsten und Steppen. Ein großer Teil der Bevölkerung [* 5] lebt aber von Ackerbau, der oft mit Viehzucht verbunden wird. Es sind meist friedfertige Völker, die mit den Nachbarn im Frieden, aber freilich unter sich oft im Streit über Mein und Dein leben. Wo Ruhe und passende Weide, [* 6] finden wir auch hier das Rind [* 7] und Kleinvieh, darunter Schweine [* 8] und Geflügel. Bei einigen Völkern bilden nur Hühner [* 9] und Hunde [* 10] den Haustierstand. Die verschiedenen Hirsearten, Durra, Dochn, Mais und Maniok sind mit der Erdnuß die wichtigsten und verbreitetsten Pflanzen des tropischen Afrika. [* 11] Nur im S. und N. findet auch Anbau des europäischen Getreides statt.
Von Industriezweigen finden wir fast überall die Töpferei; nicht so allgemein verbreitet ist die Kunst, Häute zu gerben und zu verarbeiten, wohl aber die, Matten zu flechten. Der Kordofaner wie der Batoka, der Ovampo und der Bewohner des Sudân wissen aus Erzen auf die einfachste Weise treffliches Eisen [* 12] und Stahl zu gewinnen und zu verarbeiten, ebenso der Ovampo u. a. das Kupfer, [* 13] der Bewohner der Goldküste das Gold. [* 14] Der kunstreiche Schmied steht überall in hoher Achtung.
Dagegen ist die Weberei [* 15] und Färberei nur auf einzelne Gegenden beschränkt; berühmt ist Kano im Sudân durch Weberei, Färberei, feine Lederwaren, geschätzt die Goldschmiedearbeit der Aschanti, und vielfach wird die einheimische Baumwolle [* 16] verarbeitet. Schweinfurth unterscheidet mit Rücksicht auf die Gewerbthätigkeit der afrikanischen Eingebornen drei Kulturzweige auf dem Kontinent. Der erste, das Gebiet der Feuerwaffen, umfaßt die Küstenlandschaften und reicht namentlich im N. ziemlich tief ins Binnenland hinein.
Seine Bewohner stehen in mehr oder weniger regem Verkehr mit Europäern und erhalten von diesen ihre Bedürfnisse. Tiefer im Innern ist die zweite Region, die der europäische Markt durch Vermittelung des Eingebornenhandels nur noch mit Baumwollzeugen zur Kleidung der Einwohner zu versorgen vermag. Hier regt sich die Industriethätigkeit. Im innersten Zentralkern des Kontinents breitet sich das dritte, von jeder mittelbaren oder unmittelbaren Berührung mit der europäischen Welt intakt gebliebene Gebiet aus, dessen Bewohner Kleidung aus Rindenzeugen und Fellen gebrauchen. Je größer die Fortschritte, meint Schweinfurth, gewesen, welche hin und wieder ein afrikanisches Volk auf der Bahn der äußern Gesittung gemacht, um so geringfügiger habe sich dessen eigne Produktionskraft gestaltet; durch die europäische Industrie sei jede Regung des angebornen Nachahmungstriebs bei den Afrikanern erstickt.
Der Handel folgt im Innern bestimmten Wegen und wird durch Karawanen betrieben; so fördert der Tibbu, der Kelowi, der Kaufmann von Ghadames, der Mosabite die Waren Europas ins Innere des Sudân, dessen Erzeugnisse er dagegen nach N. führt. In Oberguinea [* 17] vermittelt der Mandinka den Verkehr mit den Innern. Von Congo aus gehen die Karawanen der einheimischen Pombeiro ins Innere, von Sansibar [* 18] aus die der Araber und der einheimischen Wanjamuesi. An den Küsten finden wir Kaufleute aller europäischen Nationen zerstreut, an der Ostküste selbst indische Banjanen. Im nördlichen und mittlern Afrika ist Salz, [* 19] das in großen Mengen in der Sahara gewonnen und auch aus Europa [* 20] eingeführt wird, ein wichtiger Handelsartikel; für die Ausfuhr nach Europa kommen namentlich in Betracht das zur Seifenbereitung benutzte Öl von der Ölpalme und Palmenkerne, vorzugsweise an der Küste von Kap Palmas bis zum Nigerdelta gewonnen, weiter südwärts Kopalharz, aus dem Innern Elfenbein, endlich Straußenfedern, Diamanten (vom Kapland), Gold, Kaffee, Farb- und Schmuckhölzer u. a. Das Kapland, Ägypten [* 21] und Algerien, [* 22] wo Europäer seit langem herrschend geworden, führen die verschiedensten Kolonialprodukte aus, vor allen Wolle, Baumwolle und Getreide, [* 23] die Maskarenen Zucker. [* 24] Am umfangreichsten wird aber der Sklavenhandel durch ganz Afrika getrieben.
Manche der heidnischen Negerfürsten verkaufen Unterthanen oder machen jährlich ihre Sklavenjagden in die Nachbargegenden, und das thun selbst die mohammedanischen Bewohner des Sudân wie die von Bornu und Bagirmi, für welche Sklavenfang der Haupterwerb ist, und die Ägypter in den obern Nilländern. Reich angebaute und bevölkerte Gegenden veröden durch diese Razzias, und es wird dadurch der Sklavenhandel zu einem Haupthindernis einer fortschreitenden Entwickelung der Neger.
Außer den Kriegsgefangenen werden aber auch viele gestohlen, ältere Leute wie Kinder; manche werden von den Angehörigen verkauft. Der Kleinhandel findet sich überall entwickelt, bei jedem Negerdorf gibt es einen Markt, auf dem die Bedürfnisse des Lebens verkauft werden. Mannigfach sind die Münzen [* 25] des Landes, in vielen Gegenden Salztafeln (Südsudân, Abessinien), Muscheln [* 26] oder Kauris, Baumwollzeugstreifen, Glasperlen, an der Goldküste selbst Goldstaub; Geld in den Mittelmeerländern, den Kolonien und Abessinien, wo die Mariatheresienthaler gelten. Der Handel bildet die Hauptquelle der Einnahme der Häuptlinge; überall wird Zoll erhoben, sei es in Waren oder in Sklaven, und an den östlichen Küsten auch in Geld; ja, selbst Brückenzoll mußte Livingstone tief im Innern entrichten.
Die Wege der Karawanen, die unter dem Schutz, oft unter dem Geleit der Fürsten stehen, sind durch Wasser- und Weidevorkommen von der Natur vorgezeichnet. Von Ägypten, Tripolis, Südalgerien, Marokko führen sie nach S., wo Kano und Timbuktu Hauptemporien des Handels sind, nach denen auch von der Küste Oberguineas Straßenzüge gehen. Von Ägypten aus führt eine Straße durch die westlichen Oasen nach Dar Fur [* 27] und von da westwärts über Wadaï nach Bornu; eine zweite Straße führt über Borgu ebendahin. Am wichtigsten sind gegenwärtig die von Tripolis ausgehenden Straßenzüge, südwärts die zwei Straßen nach Mursuk, südwestlich nach Ghadames. In Südalgerien gehen die Routen von Tuggurt und Ghardina im Lande der Beni Mzab (Mosabiten) über Tuat nach Timbuktu; ebendahin führen die Straßen von Tafilet in Südmarokko und die von Agadîr über Arauan. Andre Straßen führen von W. nach O., auf denen die Pilger nach Mekka wallfahrten, so von Senegambien über Timbuktu, durch die Wüste, Bornu, Wadaï, Dar Fur nach Suakin; die Moslems des Nordens ziehen über Siwah nach Suez. ¶
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Staatliche Einteilung.
I. Einheimische Staaten.
QKilom. | Bewohner | Auf 1 QKil. | |
---|---|---|---|
Ägypten (türkischer Schutzstaat) | 2,900,800 | 16,570,000 | 5.6 |
Tripolis und Barka (Türkei) | 1,033,000 | 1,000,000 | 1.0 |
Marokko | 812,000 | 10,000,000 | 12.3 |
Sahara | 6,180,000 | 2,500,000 | 0.4 |
Sudân und Oberguinea | 3,426,000 | 75,000,000 | 22.0 |
Abessinien | 333,200 | 3,000,000 | 9.0 |
Galla- und Somalländer | 1,897,000 | 15,500,000 | 8.0 |
Äquatorialgebiete | 3,972,000 | 47,000,000 | 12.0 |
Republiken der Boers | 399,329 | 962,578 | 2.4 |
Andre Staaten in Südafrika | 4,700,000 | 24,400,000 | 4.8 |
Madagaskar | 591,900 | 3,500,000 | 6.0 |
Zusammen: | 26,245,229 | 199,432,578 | 7.6 |
II. Kolonien und Besitzungen.
Erworben | Areal QKilom. | Bevölkerung | Jahr | |
---|---|---|---|---|
Großbritannien. | - | - | - | - |
Kapkolonie | 1808-1880 | 628,658 | 1,249,824 | 1881 |
Natal | 1843 | 48,560 | 418,731 | 1883 |
Walfischbai | 1878 | ? | ? | - |
Sierra Leone | 1787 | 2,600 | 60,546 | 1881 |
Gambia | 1588 | 179 | 14,150 | 1881 |
Goldküste | 1872 | 38,850 | 651,000 | 1883 |
Lagos | 1861 | 189 | 87,165 | 1883 |
St. Helena | 1673 | 123 | 5,085 | 1883 |
Ascension | 1815 | 88 | 400 | - |
Tristan da Cunha. | 1815 | 116 | 105 | 1881 |
Mauritius | 1810 | 1,914 | 361,094 | 1883 |
Neu-Amsterdam und St. Paul | - | 73 | - | - |
Seschellen, Amiranten u. a. | 1794 | 742 | 13,391 | 1871 |
Sokotora | 1876 | 3,579 | 10,000 | 1881 |
Zusammen: | - | 725,671 | 2,871,491 | - |
Frankreich. | - | - | - | - |
Algerien | 1830 | 667,065 | 3,310,412 | 1881 |
Senegal | 1637 | 250,000 | 191,608 | 1881 |
Goldküste und Gabun | 1843 | 2800 | 3,000 | - |
Réunion | 1649 | 2,511.6 | 170,458 | 1882 |
Mayotte | 1635-1843 | 366 | 9,907 | 1882 |
Nossi Bé | 1635-1843 | - | 9,009 | 1881 |
Ste.-Marie de Madagascar | 1635-1843 | 293 | 7,287 | 1882 |
Obok | 1881 | 495 | ? | |
Tunis (Schutzstaat) | 1881 | 116,348 | 1,500,000 | |
Zusammen: | - | 1,039,878.6 | 5,201,681 | - |
Portugal. | - | - | - | - |
Madeira | 1419 | 815 | 133,955 | 1882 |
Kapverdische Inseln | 1456 | 3851 | 99,317 | 1879 |
Guinea (Senegambien u. Bissagos, Cacheu, Boloma ^[richtig: Bolama] etc.) | 1447 | 69 | 9,282 | 1873 |
São Thomé, Principe, Ajuda | 1485 | 1116 | 25,537 | 1873-79 |
Angola, Benguela, Mossamedes | 1486 | 809,400 | 2,000,000 | - |
Mosambik, Sofala | 1506 | 991,150 | 350,000 | - |
Zusammen: | - | 1,806,401 | 2,618,091 | - |
Spanien. | - | - | - | - |
Presidios in Marokko | 1580 | 378 | 12,170 | 1883 |
Kanarische Inseln | 1344 | 7272 | 300,874 | 1883 |
Guineainseln etc. | 1778 | 2203 | 31,071 | 1882 |
Zusammen: | - | 9853 | 344,115 | - |
Italien. | - | - | - | - |
Assabbai | 1880 | 632 | 1303 | 1884 |
Kolonien: | - | 3,582,435 | 11,036,681 | - |
Über die Kolonien Deutschlands [* 29] s. Seite 169.
Von dem Gesamtareal Afrikas befindet sich noch weitaus der größte Teil (über 26 Mill. qkm) im Besitz barbarischer oder halbbarbarischer Völker, nur ein verhältnismäßig kleiner Teil (3,6 Mill. qkm) ist in den Besitz europäischer Kulturstaaten übergegangen. Zu dem erstern rechnen wir auch das der Hohen Pforte zu Konstantinopel [* 30] tributäre Ägypten mit seinen ihm heute kaum noch angehörenden Provinzen des Südens: Kordofan, Dar Fur, den Äquatorialprovinzen u. a., sowie die türkischen Wilajets Tripolis und Barka nebst Fezzan;
der einzige selbständige Staat Nordafrikas ist jetzt nur noch Marokko, nachdem Algerien und Tunis in französischen Besitz übergegangen sind.
In der Sahara wohnen nomadisierende Stämme, die es zu einer Staatenbildung nicht bringen konnten. In dem dicht bevölkerten Sudân finden wir aber eine Reihe durch Berber, Neger oder Fulbe gegründeter Despotien von ansehnlichem Umfang; solche sind, von O. nach W. gezählt: Wadaï, Bagirmi, Bornu mit Kanem, Sokoto und Adamáua, Gando, Massina. An sie schließen sich westlich die Reiche Tombo und Mossi, südlich die Negerreiche Aschanti und Dahomé. An der Westküste ist in Liberia [* 31] ein Staat freier Neger durch Nordamerika [* 32] gegründet worden; im O. bildet Abessinien mit Schoa den einzigen christlichen Staat unter den vielen mohammedanischen und heidnischen Reichen. Im Congogebiet sind die Völker auf beiden Ufern des Stroms in zahlreiche kleine Staaten zersplittert; die Beschlüsse der Congokonferenz zu Berlin [* 33] (Dezember 1884 bis Januar 1885) haben hier den Congostaat mit einem ungeheuern Gebiet geschaffen.
Südlich davon nehmen wieder eine Zahl einheimischer Staaten das Innere ein: das Reich des Muata Jamvo und des von diesem abhängigen Cazembe, Kasongos Reich, das Marutse-Mambundareich, das Matabelereich u. a. An der Ostküste und den davorgelegenen Inseln haben die Imame von Maskat das Sultanat Sansibar gestiftet. Die Regierung wird in allen diesen Staaten in mehr oder weniger despotischer Weise geführt, so daß in einigen derselben der Herrscher absoluter Herr über Leben und Eigentum seiner Unterthanen ist und diese Herrschaft zuweilen in rücksichtslosester und grausamster Weise geltend macht.
Eine Beschränkung erfährt dieser Despotismus freilich durch gewisse Gewohnheitsrechte, die selbst der eigenwilligste Tyrann nicht zu mißachten wagt. Wie in Nordafrika, so sind auch in dem zentralen Teil und bis hinunter zum Süden die meisten Reiche durch Eroberung entstanden; daher hat sich häufig infolge des Gegensatzes der Eroberer zu den Unterworfenen ein bevorzugter Stand und damit ein Feudalsystem ausgebildet, das sich jedoch nicht immer gleichmäßig über alle Teile eines Landes erstreckt, indem einige durch freiwillige Unterwerfung ihre ursprünglichen Rechte sich erhielten oder auch durch Vertrag einem Mächtigern sich anschlossen.
Bisweilen besteht die Abhängigkeit nur in einer Verpflichtung zur Heeresfolge, welche allen Freien des Staats obliegt. Sehr weitverbreitet finden wir das wahrscheinlich ursprüngliche, patriarchalische Regiment erblicher Häuptlinge, nicht nur in Stämmen, sogar in Dorfgemeinden, so daß ganze Landstriche am Nil, im Sudân, in Zentralafrika und weiter nach S. ohne größern staatlichen Verband [* 34] leben. Doch hat zuweilen, wie bei den Hottentoten und den Lundavölkern, äußere Gefahr zu größeren Bundesgenossenschaften geführt. Bei den Hottentoten fand man meist Clanverfassung mit Gerichtsversammlungen der Freien, welche auch bei allen wichtigern Angelegenheiten neben dem Häuptling ein entscheidendes Wort zu sprechen haben. So ist Afrika zum sehr ¶