mehr
Überschreitung der Sahara wurden erst verringert, seit das Kamel eingeführt wurde. Fühlbar wird die Gewalt der Wüste namentlich in der Ausbreitung der Menschenrassen, [* 2] denn, geringe Ausnahmen, wie die Tibbu, abgerechnet, beginnt erst jenseit der Wüste das Land der Schwarzen, der Sudân. Dieser Schwierigkeit und diesen Schranken begegnete auch die Gesittung. Aber der Nord- und Nordostrand standen durch die Annäherung an Asien [* 3] und Europa [* 4] der günstigen Einwirkung fremder Zivilisation offen, und dieser Einwirkung darf z. B. die Kenntnis des Ausschmelzens des Eisens durch ganz Afrika, [* 5] bis zum Süden hinab, zugeschrieben werden.
Abgesehen von einer der ältesten Kulturstätten, der ägyptischen im fruchtbaren Thal [* 6] des Nils, verdunkeln sich die Gesittungszustände Afrikas, je weiter wir uns von dieser entfernen, bis wir an der Südspitze in den Buschmännern ein Volk auf der niedrigsten Stufe des menschlichen Geschlechts finden. Überhaupt gilt in Afrika im allgemeinen, wenn auch nicht streng, als Regel, daß die Gesittung abnimmt in der Richtung von N. nach S., von O. nach W. Nord- und Ostrand empfingen die meisten fremden Einflüsse, ja fremde Völker, wie denn selbst Malaien auf Madagaskar [* 7] sich niederließen. Die Bewegung von O. nach W. hat aber schon vor der Ausbreitung nachweisbar asiatischer Einwanderer geherrscht.
Kein Weltteil zeigt eine so regelrechte Schichtung der Arten oder Spielarten unsers Geschlechts nach Erdgürteln, und es ist daher verzeihlich, wenn alte Geographen in den Fehler verfielen, mit dem Vorrücken nach S. hin auf den Einfluß der Sonne [* 8] auf die dunklere Färbung der Haut [* 9] zu schließen.
Den sichersten Weg zur Klassifizierung der
Völker
Afrikas bietet uns immer noch die
Sprache
[* 10] (s.
Afrikanische Sprachen
u. die »Sprachenkarte«).
[* 11]
Friedrich
Müller und
Lepsius legten bei ihrer Klassifizierung der afrikanischen
Völker auf dieses
Moment mit
Recht das Schwergewicht, während R.
Hartmann vorzüglich den physischen Körperhabitus berücksichtigt. Nach Friedr.
Müller beherbergt Afrika gegenwärtig sechs verschiedene
Rassen, nämlich die hottentotische im äußersten
Süden und Südwesten, die
Kaffer- (richtiger
Kafir-)
Rasse von der Hottentotenrasse
nordwärts bis an und über den
Äquator,
die Negerrasse
im
Sudân, die Fullarasse
, eingekeilt zwischen der Negerrasse und von O. nach W. in einer
Linie sich hinziehend,
endlich die
mittelländische Rasse im N. und
NO. bis zum
Äquator herab sowie die malaiische
Rasse in
Madagaskar
und auf den dasselbe umgebenden
Inseln. Von diesen sechs
Rassen können nur die vier ersten als autochthon gelten, während
die beiden letzten erwiesenermaßen aus
Asien eingewandert sind.
Die Hottentoten waren ehemals die Aboriginer ganz Afrikas südlich vom Cunene und Sambesi, sie wurden aber von den Kaffervölkern verdrängt und bewohnen jetzt den westlichen Teil der Südspitze Afrikas bis 19° südl. Br. Sie zerfallen in die eigentlichen mittelgroßen Hottentoten [* 1] (Fig. 21 u. 22 der Tafel), welche sich selbst Khoi-Khoin, d. h. Menschen, nennen und aus den Nomadenvölkern der Nama und Korana bestehen, und das Jägervolk der weit kleinern Buschmänner [* 1] (Fig. 25 u. 26). Die Farbe der Haut, welche sich früh und stark runzelt, ist ledergelb, die Frauen zeichnen sich durch Steatopygie aus, die Sprache ist merkwürdig durch Schnalzlaute. Als Verwandte erscheinen die unter dem Äquator von Schweinfurth, Du Chaillu, Lenz, Stanley aufgefundenen Zwergvölker, von denen die licht kaffeebraunen Akka [* 1] (Fig. 24) höchstens 1,5 m Größe haben.
Die Kaffern oder Bantu, nordöstlich von den vorigen, bilden einen Völkerkomplex, welcher alle an der Ostküste Afrikas vom Kap bis an den Äquator und den 55.° nördl. Br. wohnenden Stämme umfaßt. Sie sind in ihre jetzigen Wohnsitze nach und nach von O. eingewandert. Zu den Kaffern zählt man: die durch ihre kriegerischen Eigenschaften bekannt gewordenen Zulu [* 1] (Fig. 14), welche nebst andern nahe wohnenden Stämmen den treuesten Typus der Rasse darstellen;
im Innern des Kontinents, nördlich bis zum Ngami und südöstlich bis zur Kathlambakette reichend, die durch ihre gewerbliche Geschicklichkeit berühmten Betschuanen [* 1] (Fig. 23);
zu beiden Seiten des mittlern Sambesi die Marutse und Mambunda, die beiden herrschenden der 18 zu diesem großen Reich verbundenen Stämme;
die schon mit Semitenblut vermischte Gruppe der Suaheli [* 1] (Fig. 28), welche bis zum Kenia und Tanafluß reicht;
von der Westküste bis zum Äquator hinaus die Congovölker [* 1] (Fig. 13), darunter das hellbraune Kannibalenvolk der Bakumu, am Gabun der stattliche, sangeslustige Stamm der Mpongwe [* 1] (Fig. 1 u. 2) und die von O. eingedrungenen, insgeheim dem Kannibalismus ergebenen Fan [* 1] (Fig. 9);
im äußersten Nordwesten die Dualla am Camerun [* 12] und die ganz nackten Adija der Insel Fernando Po.
Der physische Typus der Bantu zeigt manche Ähnlichkeit [* 13] mit dem der Neger, weicht aber in vielen Punkten wesentlich von ihm ab.
Die Farbe der Haut ist ursprünglich gelbbraun mit einem Stich bald ins Lichtere, bald ins Dunklere;
man begegnet aber im W. und NO. auch einem tiefen Schwarz, was wohl auf Mischung mit Negern hindeutet.
Der
Wohnsitz der
Neger, denen man früher den ganzen
Erdteil einräumte, beschränkt
sich nach dem gegenwärtigen Standpunkt der Forschung auf den Teil des westlichen und mittlern Afrika, welcher vom
Senegal bis gegen
Timbuktu und von da bis an die nördlichen
Ufer des Tsadsees reicht, von dort aus gegen
N. in die
Sahara bis gegen
Fezzan sich zieht, wo im N. mittelländische, im O. Nubastämme ansässig sind. Hier erstreckt sich
das Gebiet der
Neger über
Dar Fur
[* 14] den
Nil hinauf bis zu den nördlichen
Ufern des
Ukerewe, von wo eine zum
Meerbusen von Biafra
gezogene
Linie die
Grenze bildet. Am reinsten hat sich der Negertypus erhalten bei den
Wolof (den
»Schwarzen«
im
Gegensatz zu den Fulah, den
Gelben) zwischen
Senegal und
Niger, zur echten Negerrasse
gehören ferner die
Kru an der
Pfefferküste,
welche an der ganzen Westküste sich als
Schiffer verdingen, die Mandingo, vor den
Eroberungen der mohammedanischen Fulah
das mächtigste
Volk Westafrikas, die Sonrhay, welche im westlichen Zentralafrika dieselbe wichtige
Rolle spielten, die
Haussa,
deren
Sprache als
Handelssprache weit verbreitet ist, am
Niger und
Binuë die
Koto
[* 1]
(Fig. 8), in
Bornu der
Stamm der
Kanori, dann
die ihnen nahe verwandten
Tibbu. Die
Sprache der
Bagirmi
[* 1]
(Fig. 15) hat man als eine isolierte zu betrachten,
in
Wadaï gilt das
Maba als allgemeine Verkehrssprache, östlich davon hat
Dar Fur (Fig. 11) eine mit
Nuba und Arabern stark
gemischte
Bevölkerung.
[* 15] Am
Bahr el Abiad wohnen die tiefschwarzen
Dinka und
Schilluk, von denen sich das ackerbauende
Volk der
Bongo durch intensives Kupferrot scharf unterscheidet. Zwischen den
Negern und am
Rande des Negergebiets
sitzt eine
Reihe von Völkern, in der Mitte stehend zwischen
Negern und mittelländischen
Hamiten und
so den Übergang zwischen
beiden bildend. Dies sind die
Nuba-Fulah-Völker, welche sprachlich in eine westliche Abteilung, die Fulah, und eine östliche,
die
Nuba, zerfallen. Die
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mehr
Züge, durch welche sich diese Rasse hauptsächlich von den Negern unterscheidet, sind die rotbraune Hautfarbe, das große, schöne Auge, [* 17] die etwas gebogene Nase, [* 18] das nicht wollige, lange, schlichte Haar. [* 19] Die Fulah (Fellani, Fellata) wohnen am Senegal im W. bis Dar Fur im O. und von Timbuktu im N. bis Joruba und Adamáua im S., überall als erobernde Eindringlinge zerstreut, an vielen Orten das herrschende Volk und Gründer mächtiger Staaten. Sie sind sämtlich Mohammedaner, stellen sich mit den Weißen auf eine Linie und sehen stolz auf den Neger herab. Das Gebiet der Nuba reicht von den Sitzen der Fulah in Dar Fur bis zu den hamitischen Bedscha im O. und von Assuân im N. bis zum 5.° nördl. Br. im S. Zu ihnen gehören insbesondere die echten Nubier [* 16] (Fig. 12), welche das Nilthal von Assuân bis Wadi Halfa bewohnen, nebst den Bewohnern von Dongola, ferner das erobernde Volk der Fundsch zwischen dem Weißen und Blauen Nil, die Schangalla am Takazzé und Atbara und wahrscheinlich auch die kaffeebraunen Monbuttu [* 16] (Fig. 16) im S. des Uëlle nebst den nördlich davon wohnenden Niam-Niam, deren üppiger Haarwuchs zu lang herabhängenden Flechten [* 20] Anlaß gibt, während die Monbuttu mit Hilfe von Rohrgestellen große Chignons aufbauen. Beide sind als arge Kannibalen verrufen, während das Jägervolk der Schuli [* 16] (Fig. 18) nordöstlich vom Mwutan durch Zutraulichkeit und Anstelligkeit sich vorteilhaft auszeichnet. Von der mittelländischen Rasse ist in der hamito-semitische Stamm vertreten durch die ägyptische, die libysche und die äthiopische Familie (Hamiten) und die Araber nebst den Bewohnern von Amhara und Tigré (Semiten). Zur ägyptischen Familie gehören die städtebewohnenden christlichen Kopten [* 21] (Fig. 6 u. 7) im untern Nilthal, die allerdings vielfach mit fremdem Blut vermischten Reste der alten Ägypter, deren Sprache aber heute vollkommen ausgestorben ist, sowie die Bauernbevölkerung der mohammedanischen Fellahs [* 16] (Fig. 5), bei der sich der altägyptische Typus viel weniger rein erhalten hat.
Von den ostafrikanischen Hamiten nähern sich den Altägyptern am meisten die südlicher wohnenden bronzefarbigen Berâbra. Auch der libysche Stamm, der vor dem Eindringen fremder Völker in die nordafrikanischen Regionen das ganze weite Gebiet zwischen dem Mittelmeer, Ägypten, [* 22] der Sahara und dem Atlantischen Ozean innehatte, ist von Vermischung mit fremdem Blut nicht frei geblieben. Wir bezeichnen diese weit ausgebreitete nomadisierende Nation als Berber [* 16] (Fig. 10) und rechnen zu ihnen, abgesehen von den ausgestorbenen Guantschen der Kanarischen Inseln, die Masig in Marokko, [* 23] die Kabylen in Algerien und Tunis, die räuberischen Tuareg oder, wie sie sich selbst nennen, Imoscharh im weiten Mittelgebiet der Sahara. Sämtliche Oasen zwischen den Negerländern und den arabischen Staaten Nordafrikas sind von berberischen Stämmen besetzt. Über diese Berber hat sich erobernd durch ganz Nordafrika, diesem sein Gepräge und seine Sprache aufdrückend, der semitische Stamm der Araber [* 16] (Fig. 3 u. 4) ergossen und überall den Islam an die Stelle des Christentums gesetzt.
Zwischen ihnen sitzen am ganzen Nordrand die ebenfalls semitischen Juden, welche, wiewohl von jedem der nacheinander herrschenden Völker geknechtet, dennoch ihr Blut vollkommen rein erhalten haben. Als dritte schließt sich die äthiopische Familie an die vorigen mit einer Reihe von Stämmen an, deren Stellung im ethnologischen System zum Teil noch nicht ganz sicher ist, die man indes ihrer entfernten Sprachverwandtschaft wegen noch zu den Mittelländern rechnet.
Dahin gehören im N. von Abessinien die Bedscha oder Bischari (nach Quatremère die Nachkommen der alten Blemmyer), die Bogos im Gebirgsland, nordwestlich von Massaua, [* 24] und die südwestlich davon wohnenden Saho oder Schoho, die Agau im Quellgebiet des Takazzé, die auch abessinische Juden genannten Falasche, die Danakil an der Südwestküste des Roten Meers, endlich die Galla und Somal. Die Galla, welche sich selber Orma, d. h. starke, tapfere Männer, nennen, sind in der That das, als was sie sich bezeichnen, ein sittenstrenges, edles Volk.
Von den nördlichen Galla haben einige das Christentum oder den Islam angenommen, sonst haben sie ihre eigne Religion. Mit den Negern haben sie nur die Farbe gemein, ihre Gesichtszüge sind eher europäisch als semitisch. Sie bewohnen das Gebiet zwischen Abessinien, den mittelafrikanischen Seen, den Suaheli und den Somal, ihren Todfeinden, von denen sie gegen W. und S. gedrängt wurden. Die braunen Somal [* 16] (Fig. 29 u. 30), die im Singular Somali heißen, nehmen das ganze Osthorn Afrikas beinahe von Bab el Mandeb bis zum Dschub ein. Es ist ein reichlich mit semitischem Blute durchsetztes Mischvolk von hohem Wuchs, bartlos, mit stechenden Augen und dichter Wollperücke, das teils in Städten ansässig ist und Ackerbau treibt, teils nach Beduinenart umherschweift und wegen seiner Mordlust und Raubgier berüchtigt ist.
Das dritte semitische Volk, welches, räumlich von den oben genannten (Arabern, Juden) getrennt, Afrika bewohnt, sind die Abessinier [* 16] (Fig. 19 u. 20), eine alte Kolonie der Himjariten, welche einige Jahrhunderte vor unsrer Zeitrechnung von Jemen und Hadramaut über die Meerenge hinübersetzten und in Afrika ein Reich schufen, in dem das Christentum, freilich in völlig verwahrloster Gestalt, herrscht. Die malaiische Rasse endlich wird auf Madagaskar durch das herrschende Volk der Howa vertreten, zu ihr rechnet Mullens auch die ebenfalls dort wohnenden Sakalaven [* 16] (Fig. 27), die Peschel und Müller den Bantuvölkern zuzählen.
Die Howa sind schon in vorhistorischer Zeit von O. her eingewandert, noch zeigt uns außer der Sprache mancher Zug die malaiische Herkunft. Die Indogermanen endlich, welche in kleinern Kolonien und vereinzelt an allen bedeutenden Küstenpunkten sitzen, haben im N. durch die französische Eroberung Algeriens festen Boden gefaßt, sind im äußersten Süden aber schon zu größerer Entfaltung gelangt, im Kapland durch Holländer und Engländer, in den beiden Bauernrepubliken durch die erstern allein. Hier haben sie auch noch eine größere Zukunft.
Die Zahl sämtlicher Bewohner Afrikas läßt sich natürlich nur annähernd bestimmen. Für den bei weitem größten Teil sind wir auf Mutmaßungen angewiesen. Auch ist die Verteilung der Bevölkerung eine ungemein verschiedene. Um den Busen von Guinea, vom Senegal bis zum Cunene, zieht sich ein sehr dicht bewohnter Gürtel [* 25] hin. Dieser Gürtel nimmt in seinem nordwestlichen Teil den Raum zwischen der Sahara und der Küste von Oberguinea [* 26] ein, schwillt dann in der Mitte bedeutend an, indem er sich fast über die ganze Breite [* 27] des Kontinents bis nach dem ägyptischen Sudân und den Gallaländern erstreckt, wird gegen S. wieder bedeutend schmäler und endet mit Benguela am Cunene. Fast alles Land außerhalb dieses Gürtels ist schwach bevölkert. Im N. dehnt sich durch fast die ganze Breite des Kontinents die Sahara aus mit ungeheuern, völlig menschenleeren Räumen; nur die Oasen und der Rand zeigen dort Bevölkerung. Der Nordrand, längs der Mittelmeerküste, ist dann wieder dichter ¶