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Granite und Grünsteingänge sind häufig. Die Hauptrichtung dieser Gesteinszüge geht von NO. nach SW., nach welcher Richtung auch Ausläufer des Gebirges nach SW. herein in die Sandsteinwüste Nubiens und nördlich davon bis an die Katarakte von Assuân (Syene) ziehen. In Nubien hat das Gebirge die größte Breite; von da verschmälert es sich allmählich, zu beiden Seiten eingefaßt von den Sandsteinen oder Kalksteinen Ägyptens, die überall auf die kristallinische Unterlage horizontal aufgelagert sind und so beweisen, daß lange vor ihrer Bildung schon das Gebirgsland die gegenwärtigen Umrisse besaß.
Eine geologische Skizze von Ost-Zentralafrika hat Thomson entworfen. Die Region an der Sansibarküste von 1° bis etwa 36° östl. L. v. Gr. bedecken nach dieser roter, kalkhaltiger Sandstein, Kalkstein und Kohle, gelegentlich Laven und eingesprengte Felsarten. Eine schmale Schicht metamorphischer Grauwacke, Thonschiefer und Gneis, die sich namentlich zum Tanganjikasee ausbreitet, trennt diese von der gewaltigen Granitmasse, die gegen das Zentrum des Kontinents hin, besonders gegen N. zum Ukerewe und Mwutan, sich zieht. Am Tanganjika und Moero, besonders im W. des erstern, breiten sich Sandsteinbildungen dieser Seenregion aus.
Madagaskar ist noch von keinem Geologen von Fach erforscht worden. Doch hat man übereinstimmend beobachtet, daß den mittlern, nördlichen und östlichen Teil der Rieseninsel primäre und vulkanische Gesteinsarten bilden. Granit, Gneis und Basalt kommen in der Hochlandsregion überall vor, während die Tiefregion Ablagerungen der spätern Tertiär- und der Sekundärzeit aufweist.
Werfen wir nach den gegebenen Thatsachen einen Rückblick auf die geologische Entwickelungsgeschichte Afrikas, so finden wir eine auffallend große Verbreitung des sogen. Urgebirges, der kristallinischen Schiefer und des Granits, und wir dürfen wohl annehmen, daß zur Zeit der Bildung des Übergangsgebirges große Teile Afrikas als Urgebirgsinseln über dem Meer hervorragten, in deren Umkreis sich die paläozoischen Gesteine ablagerten. Aber schon mit dem Ende der jüngern Übergangszeit bildete sich ein großes zusammenhängendes Festland durch Massenerhebung, welches zum großen Teil niemals wieder vom Meer bedeckt wurde. In Südafrika ging eine der großartigsten Porphyreruptionen Hand in Hand mit dieser Hebung.
Die Flora des Steinkohlengebirges siedelte sich auf dem neuen Festland an, und in einer spätern Zeit folgte eine Fauna zum Teil kolossaler Reptilien im S., ebenso isoliert von der Reptilienwelt Europas, wie es damals der afrikanische Kontinent war. Eine lange Zeit der Ruhe scheint gefolgt zu sein. Keine Versteinerung der Formationen des Muschelkalks, des marinen Keupers wurde bis jetzt in Afrika gefunden, die uns die Meeresbedeckung irgend eines Teils des Kontinents in jenen langen Bildungszeiten der Erde bezeugen könnte.
Erst mit Lias und Jura beginnt eine Zeit der Senkung; sie betraf anfänglich nur den äußersten gegenwärtigen Küstensaum im NW., vom Ende der jurassischen Zeit an finden wir aber den ganzen Norden in Senkung begriffen, so daß die jüngern Glieder der Kreide weit tiefer nach S. reichen als die ältern. In dieser Periode sehen wir den ganzen Norden Afrikas, einige schmale Inselchen aus Ur- und Übergangsgebirge wohl ausgenommen, bis tief in die Sahara, Barka, Ägypten und Nubien vom Meer bedeckt. Im O. erhob sich damals das Arabische Gebirge als weit nach N. vorspringende Halbinsel mit zahlreichen tiefen Fjorden, in welche das Kreidemeer eindrang.
Daß auch der Süden und Osten Afrikas in dieser Zeit eine Senkung erfuhr, beweist die Umsäumung der Küste durch einen schmalen, wenn auch stellenweise unterbrochenen Streifen von Kreidegebilden. Die Beschränkung des Nummulitengebirges auf das Küstenland des Atlas, auf Barka und das nördliche Ägypten beweist uns eine der Senkung folgende neue, entgegengesetzte Bewegung des Bodens. Die nun beginnende Zeit der trachytischen und basaltischen Eruptionen war für Afrika eine Zeit großartiger, aber partieller Hebungen und Senkungen, in deren Folge das Meer wieder in viele Buchten von N. her eindrang, so in Algerien.
Gewiß nicht ohne innern Zusammenhang sehen wir die Hochlande Afrikas, in welchen die Trachyte und Basalte die erhabensten Gipfelhöhen des Erdteils bilden, in den Umgebungen seiner größten Depression. In dieser Zeit erscheinen zugleich die Süßwasserseen im Innern des Südens wie des Nordens in ihrem größten Umfang und die Süßwasserkalke bildend, in deren Mitte wir gegenwärtig die Seen finden, denn die Hebung des einen Teils war mit Senkung benachbarter Teile verbunden.
Endlich folgte am Ende der Tertiärzeit der gewaltsame Abschluß der lange zuvor begonnenen Hebung des Atlassystems gleichzeitig mit der Bildung der Alpen, und Afrikas Gestalt in ihrem gegenwärtigen Umriß war vollendet, wenn auch im N. und O. das langsame Ansteigen des Kontinents noch fortdauerte, das endlich den Wad Righ vom Meer abschloß und in Landverbindung mit Asien brachte. Und noch bis auf diese Tage finden wir Ostafrikas Küste in dieser langsamen Hebung begriffen, wie uns die mit Korallenkalk umsäumten Ostküsten des Kontinents und der meisten seiner im O. vorliegenden Inseln von Sokotora bis nach Madagaskar beweisen.
Der vulkanischen Thätigkeit, die in der Tertiärzeit ihren Anfang nahm und ihre höchste Energie besaß, verdankt Afrika seine höchsten Höhen im O. wie im W. und die meisten seiner Inseln; nur die Inseln im O. (mit Ausnahme der Maskarenen) bestehen vorherrschend aus kristallinischen Gesteinen mit untergeordneten altvulkanischen Erhebungen. Die Maskarenen und die Inseln des Atlantischen Ozeans dagegen verdanken (mit Ausnahme weniger in der Guineabai) sämtlich ihr Dasein vulkanischer Thätigkeit; es sind basaltische Inseln, viele mit Trachyterhebungen, und auf diese allein finden wir noch, von dem ostafrikanischen Vulkan Erteadi abgesehen, die gegenwärtige vulkanische Thätigkeit des Erdteils beschränkt (Azoren, Kanaren, Kapverdische Inseln, Réunion).
Klima.
Afrikas geographische Lage und Gestaltung machen es zum verhältnismäßig wärmsten Teil der Erde; nur ⅕ des Erdteils gehört der wärmern gemäßigten Zone, ⅘ der heißen an, und von 900 Meilen Länge, auf welche der Äquator das Festland durchschneidet, kommen 500 Meilen auf Afrika. Die wärmsten Striche liegen aber nicht unter dem Äquator, sondern nördlich und südlich von demselben. Der Wärmeäquator mit 27,5° C. mittlerer Jahrestemperatur läuft ca. 5° nördlich vom Erdäquator hin. Der mittlere Barometerstand in der Gegend des Äquators ist 758 mm. Zu den heißesten Gegenden gehören Nubien und die südlichen Küsten des Roten
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Meers, wo die Extreme der Lufttemperatur 54-56° C. erreichen, ferner Senegambien, wo eine Temperatur bis 52½° C. beobachtet worden ist. Nur wenige Punkte des südöstlichen Asien erreichen eine gleiche Wärme. Die Temperatur der Ostküste des tropischen Afrika ist höher als die der Westküste. Auf den weiten pflanzenleeren Flächen steigert sich durch Insolation die Wärme bis über 50° C., und der Sand des Bodens erreicht einen solchen Grad von Hitze, daß man darin Eier hart zu sieden vermag.
Wie sich aber am Tag die Wärme steigert, so sinkt sie umgekehrt des Nachts durch die Ausstrahlung gegen den klaren Himmel, so daß oft einem unerträglich heißen Tag eine kühle, ja kalte Nacht folgt. Temperaturdifferenzen von 12° sind nicht selten, und so kommt es, daß selbst im Sudân oftmals im Winter des Nachts eine dünne Eisschicht das Wasser bedeckt. An den Küsten wirkt der Wechsel von Land- und Seewind erfrischend, und es erheben sich viele Gegenden in kühlere Luftschichten, vor allen der Rand des weiten, großen Hochlandes von Südafrika, wodurch die der geographischen Lage entsprechende Wärme gemildert wird. Manche von den Gebirgsländern erreichen eine solche Höhe, daß, obgleich ganz der Regenzone angehört, doch in jedem Winter die Berge mit Schnee bedeckt sind. Selbst noch in der nördlichen Sahara kommt Schnee vorübergehend, auch bei mäßiger Erhebung, vor. Dort waren -5° C. die größten beobachteten Kältegrade.
Die Verteilung des Regens hängt auf das innigste mit der Richtung der Winde zusammen. Nach den Windrichtungen zerfällt in fünf große Gürtel: in den der Kalmen oder Windstillen, in die beiden ihn im N. und S. begrenzenden Gürtel, in denen der Wind regelmäßig gegen die Äquatorialgegenden weht, in die des Nordost- und Südostpassats, welche zusammen die sogen. Tropenzone vom 30.° nördl. bis 30.° südl. Br. umfassen, und in die beiden außertropischen Gebiete der Länder am Mittelmeer und des Kaplands. Im tropischen Gebiet folgt der Regen der Sonne, d. h. die Regenzeit setzt ein, wenn die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat, während in dem außertropischen Gebiet Afrikas beim niedrigsten Stande der Sonne Winterregen eintritt.
Nur im Kalmengürtel hat in allen Monaten des Jahrs Regen, in allen übrigen Gegenden wechselt trockne Zeit mit Regenzeit ab. Wo dieser Wechsel scharf hervortritt, da finden sich die Wüsten und Steppen, in denen während der trocknen Jahreszeit die Quellen versiegen, die ganze Pflanzenwelt abstirbt und nur an den Flußufern ein grüner Baum- und Kräuterstreifen bleibt. Selbst das fruchtbarste Land wird hier allein durch künstliche Bewässerung anbaufähig; aber durch den Regen werden auch die im Boden schlummernden Keime wieder zu neuem Leben geweckt, und alles bedeckt sich schnell mit frischem Grün. Im N. und S. ist diese Zeit des befruchtenden Regens der Winter, im tropischen der Sommer.
Der Gang der Sonne bringt es mit sich, daß die Gegenden in der Nähe der Wendekreise eine Regen- und eine trockne Zeit, die dem Äquator näher gelegenen aber einen zweifachen Wechsel, zwei Regenzeiten haben, während im Kalmengürtel der Äquatorialgegend Regen in allen Monaten des Jahrs fällt. Der Gürtel der Windstillen in der Äquatorialgegend ist den Seefahrern längst bekannt; seit Dampierre nennt man das Meer im O. von Oberguinea von den dort täglich vorkommenden Gewittern die Donnersee.
Auf dem Festland gehören hierher die Küsten von der Biafrabai bis zum Gabun im W. und die des Somallands im O. Von größerer Ausdehnung sind die beiden Gürtel des Nordost- und Südostpassats, in denen regelmäßig die Luft nach den Gegenden hinweht, wo die durch die senkrechten Sonnenstrahlen erwärmte Luft aufsteigt, um als Südwest im N., als Nordwest im S. abzufließen. Die Grenzen dieses Gürtels wechseln mit dem Stande der Sonne, so daß der Nordostpassat im Sommer weiter gegen die Pole reicht als im Winter.
Die Küste Ostafrikas und seine Inseln nehmen teil an den regelmäßigen Winden des Indischen Ozeans, den sogen. Monsunen; diese reichen bis Mosambik. Auch an der Westküste und zwar von der Nigermündung bis Senegambien weht ein solcher Südwestmonsun vom Meer her von Ende Mai bis September und bringt dem Land Regen. In dieser Zone fällt, wo nicht an höhern Gebirgen die Feuchtigkeit sich niederschlägt, wie im südlichen Afrika, und dadurch Regenarmut im Innern veranlaßt wird, zur Zeit, wenn die Sonne am höchsten steht, meist täglich der Regen in ungeheuern Güssen, oft begleitet von elektrischen Entladungen, nieder.
Barth berichtet, daß zu Kuka mitten im Binnenland zwölf Regengüsse während des Monats August mehr als 30 Zoll Regen lieferten, eine Regenmenge so groß, wie sie während des ganzen Jahrs in der Kapkolonie fällt. Im S. des Äquators scheidet sich der Passatgürtel deutlich in einen nördlichen Gürtel mit zwei Regenzeiten und einen südlichen mit einer einzigen. An der Sansibarküste regnet es vom März bis Mai und vom Oktober bis Dezember; am Sambesi im Innern vom Oktober bis November und wiederum im Februar und März; ebenso zu Loanda.
Hier reicht diese Zone zweifachen Sommerregens vom 5. bis 15.° südl. Br. Im Damaland, in der Kalahariwüste und von Sofala bis zur Delagoabai ist die Regenzeit einfach. Vom Sambesi bis zum innern Rande des südlichen Randgebirges empfängt aber nur der Außenrand regelmäßigen Regen, während der mittlere Teil an großer Dürre leidet, ähnlich der Sahara, und nur seiner geognostischen Struktur, seiner Beckennatur größern Vegetationsreichtum verdankt. Im N. kennt man bis jetzt nur die einfache Zeit des Sommerregens in Guinea von der Biafrabai bis nach Senegambien; dort führt der Südwestwind den Sommerregen bis zu den Kapverdischen Inseln. Im Innern gehören Sudân, Adamáua, Wadaï, Dar Fur, Kordofan, Südnubien in diese Zone; ja, an der Küste des Roten Meers reicht der Sommerregen bis Suakin, während nördlich davon das ganze Jahr hindurch Nordwind herrscht.
Das hoch gelegene Abessinien hat allerdings eine doppelte Regenzeit, eine Zeit lange dauernden Sommerregens vom Juli bis September und eine kurze Frühlingsregenperiode im Februar und März. Alle Ströme, welche in dem Gebiet tropischer Regen entspringen, zeigen ein periodisches Steigen und Fallen; viele verwandeln sich infolge der mächtigen Verdunstung während der trocknen Zeit in eine Reihe von Lachen. Nördlich von dieser Zone des Sommerregens wird Afrika seiner ganzen Breite nach von einem Wüstengürtel durchzogen, der sich hinüber nach Asien fortsetzt. Der lange trockne Kontinentalwind, als welcher der Nordostpassat weit über Asien herein nach Afrika zieht, zuletzt in einen reinen Ostwind übergehend, ist Ursache der Regenarmut und der daraus folgenden Verödung dieses Teils der Erde. Im Winter wehen diese trocknen Wüstenwinde bis Senegambien, dort bekannt als
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Harmattan. Wenn es auch in manchen Strichen zuweilen ein ganzes Jahr lang gar nicht regnet, so gibt es doch meist vereinzelte Gewitter, oft mit den heftigsten Regengüssen, und es sammeln sich daher selbst in dieser Zone Wasser in der Tiefe; ja, in langen Zwischenräumen füllen sich selbst vorübergehend die Betten von Regenbächen (Wadis), um aber bald wieder zu versiegen. Die Mittelmeerländer, einschließlich Unterägypten, gehören dem Gürtel des Winterregens an. Hier gibt es zwei Jahreszeiten, einen trocknen, regenfreien Sommer und einen gewitterreichen Regenwinter.
Wie dieser Wechsel zusammenhängt mit der Windrichtung, zeigt uns Teneriffa. Vom Mai bis Oktober bringen die hier wie in allen Mittelmeerländern von Marokko bis Suez herrschenden trocknen Nordost- und Nordwinde (die Etesiae der Alten) Trockenheit; aber sowie die Sonne niedersinkt, sinkt auch der auf der Höhe des Piks fortdauernd wehende, aus der Äquatorialgegend kommende Südwestwind nieder und bringt vom November bis März Regen. In Südafrika hat man drei wesentlich verschiedene Regenzonen unterschieden: die Küstenzone mit sehr günstigen Regenverhältnissen, einen Gürtel der Tafelländer mit wenig Regenfall und der daraus resultierenden Austrocknung der Landschaften und einen dritten Gürtel zwischen 22 und 27° nördl. Br., der in zwei Hälften zerfällt, eine östliche, das fruchtbare, regenreiche Transvaal umfassend, und eine westliche, die unwirtliche Kalahari bildend.
Die afrikanischen Inseln haben fast alle Seeklima. Von den verderblichen kalten Schneestürmen im Atlasland erzählen die Winterfeldzüge der Franzosen in Algerien. Auf den Hochgebirgen Abessiniens fällt bis 2900 m Höhe bloß Regen, von da bis 4200 m Regen und Hagel und erst darüber Schnee, der nur in Vertiefungen einige Tage liegen bleibt, während der Pik von Teneriffa (über 3200 m) drei volle Monate in Schnee eingehüllt ist. In den Tropen trifft der Frost in die trockne Zeit; aber im Großnamaqualand ist dickes Eis vom Mai bis Juli etwas Gewöhnliches, ebenso kommt auf dem Plateau des Damalands bis zum Tschobe, selbst auf der Ebene noch Frost vor. Im Innern des Kaplands treten ebenfalls oft heftiger Frost und Schnee ein, ewigen Schnee aber kennt man nur auf den Hochgipfeln des Kenia und Kilima Ndscharo.
Pflanzenwelt.
Die Flora Afrikas läßt sich in fünf Reiche einteilen:
1) die Flora der Mittelmeerländer (Atlasländer, Barka, Unterägypten);
2) jene des Wüstengebiets der Sahara;
3) die des Sudân, bis 20° südl. Br.;
4) die Flora der Kalahari und 5) jene der Südspitze Afrikas oder die Kapflora. Die Flora der Mittelmeerländer bietet in Bezug auf ihre Pflanzendecke die größte Ähnlichkeit mit der Pyrenäischen Halbinsel. Namentlich bemerkt man eine auffällige Ähnlichkeit zwischen der Flora Algeriens und Andalusiens, jener der Regionen des Atlas mit denen der Sierra Nevada. In Unterägypten ist durch Anbau fast die ganze einheimische Flora verdrängt. Soweit der Winterregen, der mit trocknem Sommer wechselt, herrscht, finden wir diese Flora mit ihren duftenden Lippengewächsen (Lavendel, Majoran, Rosmarin etc.), ihren Nelken, borretschartigen Pflanzen, den schön blühenden Zistrosen etc. Zahlreiche Zwiebelgewächse, vor allen aber der alle Brachäcker überwuchernde und auch über den nördlichen Teil der tropischen Zone weitverbreitete Affodill charakterisieren vorzüglich diese Flora.
Von Palmen überwuchert die Zwergpalme als lästiges Unkraut das Land, während die Dattelpalme an der Küste wie in den tiefern Thälern des Innern als Fruchtbaum gepflanzt wird. Immergrüne Holzgewächse bilden vorherrschend Wald und Busch; die mit Blattfall im Winter treten zurück. Der Lorbeer, die Myrte, der Buchsbaum, der Erdbeerbaum, die Terebinthe, worunter die treffliches Holz liefernde Pistacia atlantica, der Kreuzdorn (Rhamneen), hohe Heiden- und Ginsterarten, Sumach, im feuchten Sande Tamarisken bilden mit den vorherrschenden strauch- und baumartigen immergrünen Eichen (Kermes-, Stein-, Korkeichen) den Strauch- und selbst den Hochwald (Korkeiche), der freilich, durch Waldbrand vielfach verwüstet, in großen Landstrichen vernichtet ist.
Von Nadelhölzern treten die Aleppofichte, die Pinie, auf den höhern Lagen des Atlas selbst die Weißtanne und in ganzen Waldungen die edle Zeder auf. Weitverbreitet sind der Wacholderstrauch und der Weihrauchbaum, der im Hohen Atlas ganze Bestände bildet. Eine Europa ganz fremde Erscheinung ist aber der vielverbreitete Sandarachstrauch. An den Bächen blüht der Oleander. Dazu gesellen sich Bäume unsrer gemäßigten Zone: die Walnuß, die Esche, der Weißdorn, auf den höchsten Gipfeln echte Alpenpflanzen.
Barka, Westtunis, das gebirgige Algerien, der Rif, der Hohe Atlas besitzen noch Wälder. Im südlichsten Atlas führt der ölreiche Arganbaum (Elaeodendron Argan) zu den Formen der Tropenzone über. Dazu gesellen sich zahlreiche angepflanzte Bäume, insbesondere Fruchtbäume: die Platane, der Ölbaum, der Mandel-, der Feigen- und der Pfirsichbaum, in Ägypten die große schattige Sykomore, verschiedene Südfrüchte, selbst unser Kernobst und vor allem auch der Weinstock;
in Ägypten noch tropische Fruchtbäume. Afrika war die Getreidekammer Roms;
Weizen und Gerste sind auch gegenwärtig die wichtigsten Getreidearten, die fast ohne Pflege gedeihen.
Mais und Durra werden als Sommergetreide gebaut, seltener Reis. Von großer Ausdehnung ist der Bau der Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen) und der Zwiebeln. Baumwolle liefert Ägypten zur Ausfuhr. Unter den Farbepflanzen benutzt der Eingeborne die Henna (Lawsonia inermis); Safflor, Krapp und Safran (Tripolis) werden ausgeführt; den Indigo zieht man nur an der Südgrenze der Sahara und in Ägypten, ebenda von Ölpflanzen den Sesam und um des Opiums willen den Mohn. Tripolis und Algerien liefern viel Alfa (Stipa tenacissima), das, ursprünglich wild wachsend, jetzt auch kultiviert wird. Der Anbau beschränkt sich aber bei der Trockenheit der Sommer des Westens auf die bewässerten oder vom Winterregen überschwemmten Stellen. Am Strand und auf Salzboden im Innern herrschen zahlreiche Sodapflanzen.
Die Wüstenflora ist der Mittelmeerflora gegenüber ärmlich und bietet vornehmlich Pflanzen mit starker Behaarung (Dornsträucher). Fast alle Pflanzen der Sahara suchen sich in die Thäler zu flüchten; die Hauptbestandteile der Vegetation bilden große Büsche von Zizyphus und Ginster, eine kriechende Capparis und Gräser in einzelnen Büscheln. Auf den öden Hamadas kann man oft tagelang reisen, ohne einen Baum, zur Sommerszeit, ohne überhaupt eine frische Pflanze zu finden außer der spärlichen Vegetation, die sich in den Einsenkungen erhält und dem Kamel ein dürftiges Futter liefert. Die Alfa, der Kameldorn oder Mannaklee sind die Hauptfutterpflanzen; außerdem Ginster,
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Astragaleen, Kreuzdorn, Kapernsträucher, Rautengewächse. In der südlichen Sahara sind ganze Striche von Klettengras (Pennisetum distichum) bedeckt, welches auch in den Steppen der nächsten Zone verbreitet ist. Außerdem charakterisieren im S. Sennapflanzen, durch das ganze Gebiet aber stachlige, gummitragende Mimosen die Wüstenflora. Wo der Boden salzig ist, gibt es Salzpflanzen. Wo Bewässerung möglich ist, in den Oasen, da lohnt der Boden reichlich den Fleiß des Menschen.
Die Oasen sind die eigentliche Heimat der fruchtreichen Dattelpalme (Phoenix dactylifera). Durch diese wird in den Oasen, durch die Gummiakazien in den öden Wadis vor allem diese Wüstenzone charakterisiert, in welche sich von S. herein auch baumartige Euphorbien und die riesige, über 6 m hohe Aschur (Asclepias gigantea), letztere bis Mursuk und Nubien, verbreiten. Ebenso ist die Dumpalme ein Eindringling aus dem S., der bis in die Thebais hinaufreicht. Überraschend ist es für den europäischen Forscher, wenn er mitten zwischen diesen Fremdlingen im W. die blaue Kornblume und das Gänseblümchen und im Tibbuland das blaue Gauchheil (Anagallis) neben den Gummi-Mimosen findet.
Sehr verschieden von der kontinentalen Flora gestaltet sich die Vegetation auf den mit der nördlichen Sahara unter gleicher geographischer Breite liegenden Kanarischen Inseln; sie haben für den Botaniker ein hohes Interesse, vor allem durch die bedeutende Erhebung über dem Meer und die scharfe Abmarkung verschiedener übereinander liegender Pflanzengürtel (sogen. Regionen), die uns aus einem subtropischen Klima bis hinauf zur Grenze des ewigen Schnees führen.
Die Klippen am Meer liefern hier wie im übrigen nördlichen Afrika die Orseilleflechte zur Ausfuhr. Für den Pflanzengeographen ist die Insel Teneriffa eine der interessantesten Erdstellen, die ihn lehrt, wie auf einer einzelnen Insel mit der größern Einförmigkeit der äußern Lebensbedingungen auch der Grund der Vermannigfaltigung der Arten eines Geschlechts abnimmt, umgekehrt aber durch die Isolierung die Ursache zu eigentümlicher Entwickelung gegeben ist. Die 377 einheimischen Pflanzen, die L. v. Buch und Smith sammelten (nicht weniger als 158 sind sicher importiert), verteilen sich auf 259 Geschlechter, während die 1416 Arten, welche Desfontaines in Algerien sammelte, 336 Geschlechtern angehörten. Madeira zeigt eine ähnliche Erscheinung in Bezug auf die Menge eingeführter Pflanzen (betreffs der Eigentümlichkeit aber geringere Anzahl der Arten) und auf die Verteilung der Pflanzen.
Der Vegetationsgürtel des Sudân oder, wie er auch heißt, der Gürtel tropischer Vegetation reicht so weit wie der regelmäßige Sommerregen; am Nil beginnt derselbe mit den letzten Nilkatarakten oberhalb Schendy, im Innern mit den Bergen von Kordofan und Anahef, im W. mit der Grenze Senegambiens. Im S. reicht die Grenze vom Kap Negro im Innern bis zum Ngamisee, am weitesten nach S. aber an der Ostküste, wo ganz Natal noch tropische Vegetation besitzt. Die reiche Entwickelung der Gramineenform, dann dichter Waldwuchs, Reichtum an Schlingpflanzen, namentlich Winden, unechte Schmarotzergewächse auf den Bäumen, neue, zum Teil schön blühende Formen von Laubbäumen, neue Palmen und andre Fruchtbäume und Kulturgewächse bezeichnen sie.
Unter den Bäumen treten die echten und unechten schmetterlingsblütigen Gewächse (Cassia, Bauhinia, Tamarindus, Acacia, Mimosa, Dalbergia etc.) in auffallendem Artenreichtum auf. Charakteristisch für Afrika ist die große Zahl der Rubiaceen (an der äquatorialen Westküste 10 Proz.), zu denen auch der von Südabessinien über einen großen Teil des tropischen Afrika verbreitete, auf der untern Stufe der Berge Angolas zum Waldbaum gewordene Kaffeebaum gehört. Ähnlich sind Orangen und Zitronen verwildert.
Außerdem sind vor allem Gräser (8 Proz.), unter ihnen die baumartigen Bambusrohre, und Cypergräser (4 Proz.), darunter die Papyruspflanze, Euphorbien mit den merkwürdigen baumartigen Formen (3,8 Proz.) und akanthusartige Pflanzen reich vertreten. Die kätzchentragenden Bäume fehlen dagegen bis auf die Weide gänzlich, und auch die zapfentragenden treten auf den Gebirgen im S. in neuen, dem Norden fremden Formen (Podocarpus), nur in Abessinien mit Wacholdern auf.
Zwiebelgewächse und Palmen finden sich in schönen Formen. Viele der tropischen Pflanzen haben eine weite Verbreitung, reichen von der Ost- bis zur Westküste, andre von der Nord- bis zur Südgrenze, eine Folge des Mangels trennender hoher Meridiangebirge. Zu den Charakterpflanzen des tropischen Afrika gehört vor allen der dickstämmige, gigantische, in der trocknen Jahreszeit kahle Baobab oder Affenbrotbaum (Adansonia digitata), der von den Ufern der beiden Nile südlich von Chartum und von Kordofan im O. bis Senegambien im W. und zum Ngamisee im S. reicht und nur in den heißen äquatorialen Küstenniederungen fehlt, dann die Form der schon erwähnten gabelästigen Dumpalmen (Crucifera thebaica), die nützliche und schöne Delebpalme (Borassus Aethiopum), Palmyrapalme sowie eine eigentümliche Art wilder Dattelpalme; die echte Dattelpalme gedeiht hier nur kümmerlich.
Die Ölpalme (Elaeis guineensis) scheint der Westküste ebenso eigen wie die Kokospalme der östlichen; dort kommen in Menge auch Weinpalmen und Bananen (Musa paradisiaca) wild und angepflanzt vor. Breitblätterige Feigen, darunter Bananen, und Kautschukbäume, der mächtige Seidenbaumwollenbaum (Eriodendron guianense), der Butterbaum (Bassia Parkii), der die Schibutter liefert, die Sterculia acuminata, von Oberguinea bis Angola als Waldbaum auftretend, von dem die für die Eingebornen unentbehrliche Guronuß stammt, die schattige Tamarinde (Tamarindus indica) sind einige der wichtigsten Waldbäume Afrikas, durch weite Verbreitung, meist auch durch Größe und Nutzen für den Menschen ausgezeichnet.
Zahlreiche eigentümliche Fruchtbäume, wie Anonen, kommen noch dazu; auch ist die Zahl der Nutzhölzer, trefflicher Zimmer-, Schreiner- und Farbhölzer sehr bedeutend. Unter den Sträuchern findet sich die Baumwollenstaude in einem großen Teil Afrikas. Yamswurzel (Dioscorea alata), Maniok (Jatropha Manihot), Bataten, Reis, Mais, Durra (Sorghum) und Duchn (Pennisetum typhoideum), Hülsenfrüchte, Erdnüsse (Arachis hypogaea), Ananas, Kürbisse, Gurken und Melonen, im N. besonders Zwiebeln nebst andern Gemüsen sind die angebauten, meist einheimischen Nahrungspflanzen. Als Ölpflanzen dienen Erdnuß, Sesam, Rizinus. Bananen und Palmen sind unter den Fruchtbäumen in vielen Gegenden die wichtigsten. Zu den einheimischen sind übrigens viele Arten aus Amerika und Indien eingeführt, wie der jetzt weitverbreitete Melonenbaum (Carica Papaya), die Anakardien (Elefantenlausbaum), die Pompelmus
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und in höhern Lagen die Orangen der nördlichern Zone. Die eigentümliche Flora Madagaskars wie die der Ostküste des Festlandes nähern sich der indischen und australischen.
Aber der Reichtum der tropischen Flora ist nicht gleich verteilt; es finden sich alle Zwischenformen zwischen dem feuchten, dichten Urwald, in den kein Sonnenstrahl eindringt, den Savannen, in welchen das hohe Gras über den Reiter hinausreicht, und der vollständig sterilen Salzwüste, wo die Vegetation auf wenige kümmerliche Salzpflanzen beschränkt ist. Die ganze Küste und die Strommündungen, soweit Süß- und Salzwasser sich mischen, vom Senegal bis Benguela, von der Delagoabai bis um das Kap Gardafui herum, finden sich von den wunderlichen, aus Rhizophoren und Avicennia gebildeten Mangrovewäldern (Rhizophora Mangle) umsäumt, und hier ist der Sitz jener selbst für den Afrikaner verderblichen Fieber. Wo die Ströme langsamen Lauf haben, prangen die schönsten Seerosen (Nymphaea Lotus, N. coerulea) und andre schön blühende Wasserpflanzen.
Vom Gariep bis zum Ngamisee und von der Ostseite der Kalahari bis zum Atlantischen Ozean erstrecken sich zumeist wasserlose Landschaften, welche das Vegetationsgebiet der Kalahari bilden. Diese ist ein eigentümliches Mittelglied zwischen Wüsten, Savannen und Gesträuchsteppen ohne Oasen. Ein großer Teil ihres Areals ist mit Holzgewächsen bedeckt, stellenweise finden sich auch Savannen mit reichem Graswuchs. Die Charakterpflanze des Westrandes der Kalahari ist die Gnetacee Welwitschia mirabilis. Im Innern finden sich Akazien (Giraffenakazie) und andre Dorngesträucher.
Was die kapische Flora anlangt, so besitzt dieselbe, obwohl sie, den klimatischen Verhältnissen nach der Mittelflora entsprechend, subtropisch ist, doch einen wesentlich eigentümlichen Charakter. An Artenreichtum steht sie einzig da (man schätzt die Zahl der bis jetzt von da in die europäischen Herbarien eingeführten Arten auf 12-14,000), nicht weniger auch an Individualisierung. Jede Schlucht birgt fast ihre eigentümlichen Formen, deren Verbreitungsbezirk oft so beschränkt ist, daß von manchen Eriken und Pelargonien in den Gewächshäusern Europas mehr Individuen vorhanden sind als in ihrer Heimat. So erklärt es sich, wie hier über 500 Arten von Heiden (Erica), über 400 von Pelargonium, über 350 von Mesembryanthemum vorkommen können.
Charakteristisch vor allem ist der Reichtum an Saftpflanzen, an Aloearten, an Krassulaceen, Aaspflanzen (Stapelia), wozu auch einige baumförmige Euphorbien kommen; ihr Hauptstandort sind die sandigen, felsigen Küsten, sie fehlen aber auch den höhern Lagen nicht. Auf den trocknen Hochebenen herrschen Heiden, Schwertlilien und Zwiebelgewächse, darunter Amaryllis toxicaria (womit die Buschmänner die Tränkplätze des Wildes zu vergiften pflegen), im O. Strelitzien vor.
Gräser bedecken die Höhen, die zur trocknen Zeit einem reifen Roggenfeld gleichen (das holländische Roggeveld). An die Lage des Landes innerhalb der gemäßigten Zone erinnert vornehmlich der Reichtum an solchen Pflanzengattungen und Arten, welche der Familie der Kompositen angehören. Busch-, sehr selten Hochwald findet sich auch in den Schluchten und an den Flußufern. Als einzige Palme kommt am Kap die zierliche Phoenix reclinata vor. Stachlige Mimosen (Acacia detinens), Eisenholz (Bauhinia), australische Proteaceen, worunter der Silberbaum (Leucadendron), und von Nadelhölzern Podocarpus mit Heiden, Diosmeen, dem kapischen Ölbaum, einer Art immergrüner Eiche (außer der Weide dem einzigen kätzchentragenden Baum der eigentlich afrikanischen Flora) bilden dichte und ungangbare Gehölze, denen alle Baumparasiten und fast alle Schlingpflanzen fehlen. Von Kulturgewächsen vereinigen die Gegenden nördlich vom Kap der Guten Hoffnung die Erzeugnisse fast aller Zonen, mit Ausnahme der nordischen und rein äquinoktialen.
Eine eigne Stellung in den Vegetationsgebieten Afrikas nimmt Abessinien ein. Es reicht aus der tropischen Region der fieberschwangern, waldreichen, unbewohnten Kola und den tiefen Stromthälern hinauf bis in die alpine Region seiner Hochgipfel. Bis 1600 m reicht ein Gürtel tropischer Vegetation, von da bis 2600 m der subtropische, von da bis 3300 m der gemäßigte, von da bis 4500 m der subalpine und alpine. Die unterste Region, wie das heiße Thalgehänge des Takazzé, ist mit Wäldern von Mimosen, Tamarinden, Ebenholz, Adansonien, Feigen, Balsambäumen (Amyris papyrifera), im S. des Landes vom Kaffeebaum bedeckt, die Flußufer sind mit Bambusrohr und Tamarisken eingefaßt.
Hier wächst Indigo wild, gedeiht das Zuckerrohr, wird die Dagussa (Eleusine Dagussa), eine eigentümliche Ölpflanze, der Nukh (Guizotia oleifera) gezogen; den Rand der tiefen Thäler bedecken Dorngebüsche von Mimosen und Kreuzdorn und der Kolkwal, die dem Säulenkaktus gleichende abessinische Wolfsmilch. Nadelholzähnliche tropische Pflanzen (Conocephalus), die Koniferenformen des Mittelmeers (eigentümliche Wacholder) verbinden sich in dieser Region mit den kapischen Podokarpen.
Auf den Plateaus und höher ist aller Wald vernichtet, teils durch die wilde Art der Kriegführung, teils durch das Abbrennen der Felder; dagegen wird ein ausgedehnter Getreidebau getrieben von Tef (Poa abyssinica), höher von Weizen und Gerste. Im Hochland von Semién reicht von 2600 bis 3300 m die Region der baumartigen Heiden (Erica acrophylla) und blüten-, insbesondere kleereicher Wiesen; vereinzelt in den letztern steht der heilkräftige Kossobaum (Brayera anthelminthica), in dem die Natur dem Abessinier das beste Heilmittel gegen den hier allgemein verbreiteten Bandwurm gegeben hat.
Auf 2900-3000 m Höhe liegen die Orte Semiéns. Von 3200 m an wird dann die Gegend durchschnittlich öde, kahl, völlig holzlos und ist, wo nicht nackter Fels, mit Gräsern und Seggen bedeckt, zwischen denen die merkwürdige palmenähnliche Gibara (Rhynchopetalum montanum), eine Lobeliacee, sich erhebt. Von da bis 4500 m liegen alle Höhen in einem ewigen Nebel, der nur im Dezember und Januar sich lichtet, und hier beginnen die europäischen Formen. Von 3900 m an fällt Schnee, und wo dieser in Vertiefungen einige Tage liegen bleibt, da blühen zwar wenige, aber interessante Alpenpflanzen.
Noch höher hinauf, bis 4500 m (also Montblanchöhe), ist die Flora des fast unter dem Äquator gelegenen Schneebergs Kilima Ndscharo erforscht worden. Baron v. d. Decken fand dort noch ein Wäldchen mit buschartigen Farnen und immergrünen, ellenlangen Bartflechten, Hochwiesen mit Glockenblumen und papyrusähnlichen Riedgräsern sowie eigentümlichen krautartigen, mannshohen Stauden, die durch ihre Gruppierung und Gestalt die Vorstellung tanzender Kobolde erzeugten. Die höchste Region hat wenig Afrika Eigentümliches geboten.
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Tierwelt.
Die Tierwelt Afrikas gehört nach Wallace der sogen. paläarktischen und der äthiopischen Region an. Erstere zerfällt in zwei Subregionen und umfaßt ganz Nordafrika und die Mittelmeerländer, während die äthiopische vier Subregionen umfaßt:
1) die von Ost- und Mittelafrika, 2) die von Westafrika, 3) die von Südafrika und 4) die Subregion von Madagaskar. Das paläarktische Reich weist eine Übereinstimmung der Tierformen auf, welche die Annahme von Hauptabschnitten ausschließt und selbst die Feststellung sekundärer Grenzen in hohem Grad erschwert. Man muß sich bei Aufzählung der wichtigsten Tiergruppen wohl vor Augen halten, daß solche Gruppen nicht immer ausschließlich der einen oder andern Region zukommen, sondern hier und da über die Grenzen greifen und einzelne Arten auch eine Verbreitung in einem Nachbarreich oder in mehreren haben.
Die nordafrikanische Fauna zeigt in ihren wesentlichen Zügen eine große Übereinstimmung mit den Typen der südeuropäischen. Die charakteristischen Säugetiergruppen derselben sind die Maulwürfe, Kamele, Schafe, Ziegen, Antilopen, Hirsche, Hamster, Sandmäuse, Wühlmäuse, Pfeifhasen, Wölfe, Füchse, Bären. Größere Raubtiere, wie der Löwe, die gestreifte Hyäne, waren einst auch in Europa heimisch und sind dort erst in der historischen Zeit ausgerottet worden.
Unter den Vögeln sind neben den charakteristischen Typen der paläarktischen Zone überhaupt (den Sängern [Sylviidae], Rohrsängern, Meisen, Elstern, Finken, Waldhühnern, Fasanen) vorzüglich Geierarten in Nordafrika heimisch sowie ferner eine große Anzahl von Sumpfvögeln (Flamingo, Ibis, Pelikan, Reiher). Die Anzahl der Reptilien und Süßwasserfische ist eine geringe, hingegen jene der Insekten eine bedeutende. Die Sahara ist außerordentlich arm an Repräsentanten der Tierwelt.
Nager, Antilopen, Schakale, wilde Katzen, Hyänen, Strauße, Wüstenhühner (Pterocles), Skinke, Erdagamen, Sandeidechsen, Pimelien, Schattenkäfer, Skorpione u. a. sind ihre Bewohner. Die Subregion von Ost- und Mittelafrika umschließt die Sahara, den Sudân, Ostafrika bis Mosambik und reicht quer durch den Kontinent an die Westküste mit einem schmalen Streifen bis zur Walfischbai. Die wichtigsten Charaktertiere dieser Subregion sind Paviane, Nilpferde, Giraffen, Antilopen, Katzen, Hyänen, Reiher (am Nil).
Die Subregion von Westafrika reicht an der Küste vom Gambia bis zum Congo und im Binnenland bis an den Uëlle. Ihre Charaktertiere sind: Gorilla, Schimpanse, Potamogale, Flußschwein, Zibetkatzen, Perlhühner, Turakos. Viele der Formen erinnern an die malaiische und indische Tierwelt. Die Subregion von Südafrika ist die eigentümlichste. Ihre Grenze verläuft von der Walfischbai auf Mosambik. Charaktertiere derselben sind: große Raubtiere, Zibetkatzen, Dickhäuter, Giraffen und Antilopen, der Hyänenhund, der langohrige Fuchs, Erdwolf (Proteles), Viverrenarten, Nagetiere, Zebras, besondere Arten von Eidechsen und Insekten. Die Subregion von Madagaskar steht ganz isoliert da.
Das äthiopische Reich umfaßt Afrika vom Wendekreis des Krebses bis zum Kap und Madagaskar und ist im Verhältnis zum paläarktischen zwar klein, dagegen ist es infolge des gleichförmigen Klimas und der tropischen Üppigkeit eines großen Teils seines Areals von einer größern Menge der verschiedenartigsten großen Tiere bevölkert als irgend eine andre Fläche von gleichem Umfang. Viele der besondern Eigentümlichkeiten diesem Reichs kommen auf Rechnung der reichen, aber isolierten Fauna Madagaskars, die mehr jener Indiens gleicht.
Madagaskar hat einstmals mit Südafrika zusammengehangen, und die Lostrennung hat noch vor der Einwanderung der großen Afrika eigentümlichen Tierarten stattgefunden. Die Fauna des äthiopischen Reichs können wir so recht als die charakteristische des ganzen afrikanischen Kontinents betrachten, weil sich die meisten Afrika eigentümlichen Tiergeschlechter von der Nordgrenze des tropischen Regens, von Senegambien im W. bis Kordofan und Senaar im O. und südlich bis zum Kap verbreiten.
Mehrere der afrikanischen Tiere übertreffen die verwandten Arten andrer Kontinente meist an Wildheit und Kraft. Von zoologischen Eigentümlichkeiten des äquatorialen und südlichen Afrika stechen viele besondere Säugetierarten in das Auge: der Goldmaulwurf, der Rohrrüßler, das Nilpferd, die Giraffe, der Erdwolf (Proteles), der Lykaon, das Erdschwein, die Paviane, andre Affen und Halbaffen, Meerkatzen, die Viverren, Nagetiere, Antilopen. Besonders unterscheidet sich das äthiopische Reich dadurch von allen übrigen, daß nicht bloß viele auffallende Formen daselbst auftreten, sondern eine große Anzahl von Säugetierfamilien daselbst fehlt, welche sonst ganz allgemein und in großer Anzahl über die Erde verbreitet sind.
Hierher gehören die Bären, welche durch die ganze Erdhälfte hindurch und südwärts bis nach Sumatra in der Alten und bis Chile in der Neuen Welt reichen, im tropischen und südlichen Afrika aber gar nicht vorkommen; ferner fehlen die Hirsche, die Ziegen die Schafe, die echten Ochsen und die eigentlichen Schweine gleichfalls. Dieses Fehlen solcher kosmopolitischen Familien ist in hohem Grad beachtenswert. Minder charakteristisch sind die Vögel, aber auch unter ihnen finden sich eigentümliche Formen, z. B. die Pisangfresser, die Erdnashörner, die Colis u. a. m. Zu den charakteristischen Formen zählen noch mancherlei Fliegenfänger, Würger, Raben, Honigsauger, Weber, Stare, Lerchen und Perlhühner. So auffällige Lücken wie bei den Säugetieren Afrikas kommen bei den Vögeln nicht vor, immerhin fehlen aber z. B. Zaunkönige, Baumläufer, Spechtmeisen, echte Fasanen und Dschangelhühner. Unter den Reptilien und andern Wirbeltieren gibt es drei eigentümliche Familien von Schlangen, eine von Eidechsen, eine von Kröten und drei von Süßwasserfischen.
Als Repräsentanten der echten afrikanischen Fauna können folgende Tiere genannt werden: der afrikanische Elefant, der gegenwärtig ungezähmt ist, aber im Altertum von den Karthagern gezähmt worden war, das Rhinozeros in mehreren Arten, der Hippopotamus, ein bis in Unterägypten verbreitetes Warzenschwein, von Antilopen der Kudu und der Klippspringer, Hartebeeste, der kafferische Büffel, die Giraffe, das Erdschwein, Stachelmäuse, Paviane, Springmäuse, Schuppentiere, Meerkatzen, der Gorilla (Troglodytes Gorilla), Schimpanse, Mandrill, Ranja, früchtefressende Vampire, von den Raubtieren der Löwe, von dem es in Südafrika mehrere, selbst schwarze Spielarten gibt, der aber den Wüstengürtel meidet, Leoparden, Hyänenhunde, Schakale, der Karakal, Zibet- und Genettkatzen; von den äußerst zahlreich am Nil, Senegal und am Kap vorkommenden Vögeln der Strauß, dessen
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künstliche Zucht gepflegt wird (sogar schon in Malta), der Anhinga, der Scherenschnabel, Flamingos, der Läufer, die schwarze Gans, der Ibis, Regenpfeifer, zahlreiche Störche und Reiher, Kropfgänse (Pelikane), Frankolinhühner, Turteltauben, der Helmkuckuck, Papageien, Nashornvögel, Webervögel, der Sekretär, Adler-, Falken- und Geierarten;
von Amphibien das Krokodil, welches südlich bis zum Cunene reicht, aber auch am Nordrand der Wüste in Algerien anzutreffen ist (wo es Aucapitaine fand), Schildkröten, Warneidechsen, Chamäleons, Brillenschlangen;
von den Fischen eigentümliche Welse, der Mugil;
ferner Skorpione, Schaben, Wanderheuschrecken, Moskitos, die dem Rindvieh so verderbliche Tsetsefliege (Glossina morsitans), Bienen, Ameisen, Termiten, namentlich am Senegal, aber auch im Damaland, der Guineawurm u. v. afrika. Nur einige wenige dieser angeführten Tierarten erreichen das Kap nicht;
einige fehlen in Senegambien, z. B. das Nashorn, die Giraffe etc., manche greifen bis in das südliche Europa vor, wie z. B. die Genettkatze und das Chamäleon. In einzelnen Teilen des gewaltigen äthiopischen Reichs prävalieren gewisse Tiergattungen ganz entschieden, z. B. in Guinea und im Hochsudân die Affen, die Termiten, in Südafrika die Wiederkäuer und Dickhäuter.
Mit Rücksicht auf Arten- und Individuenreichtum wie auf die Größe der Entwickelung ragen in Afrika besonders die pflanzenfressenden Tiere hervor, an denen Afrika alle Teile der Erde übertrifft. Es ist daher wohl auch das reichste Jagdrevier, namentlich die mit Gebüsch bewachsenen Steppen der Kalahari, Damerghu südlich von Asben, Kordofan, Senaar, am Setif, Rahat und Dinder, im Baggaraland, am Luba und Sambesi etc. Die Tiere, wie Giraffen, Antilopen, leben teils in kleinen Rudeln, teils in Herden von vielen Tausenden, und wo man das Feuergewehr noch nicht kennt, sind sie sehr zahm.
Livingstone erzählt, daß er sich im Barotsethal durch Schreien und Stoßen seinen Weg durch die zahlreichen Herden, welche die Savannen bedeckten, bahnen mußte. Auch an den Tränkplätzen ist großer Wildreichtum vorhanden. Hier finden sich Herden von Elefanten, Büffeln, Rhinozerossen, an den Seen und Strömen Flußpferde, Scharen von Schwimmvögeln. Die Wälder bewohnen Herden von Affen und Vögeln, die Felsen Massen von Pavianen und Klippdachsen. Die Steppen des Südens ernähren zahlreiche Antilopen, die Elenantilope, das Hartebeest, das Gnu, den Springbock. Bis in das Nilgebiet geht alljährlich der Zug unsrer Wandervögel; von S. her wandern gegen N. solche Vögel, welche der Regenzeit ausweichen.
Die Erhebung über den Meeresspiegel hat auf die Fauna einen wesentlichen Einfluß. In Abessinien z. B. steigen, wie erwähnt, die tropischen Floraformen hoch hinauf, und ihnen folgen die Tiere, z. B. die Hyäne, die bis zu einer Höhe von 3200 m angetroffen wird, die Antilopen, welche Höhen bis über 3300 m erklimmen. Auch die Fauna der an Afrika grenzenden Meeresteile ist eine ziemlich reichhaltige. Wale und Haie sind fast ausgerottet, dagegen kommen zu beiden Seiten des Kontinents der Tropikvogel, im S. der Albatros, der Manati nur an der West-, der Dugong nur an der Ostküste vor.
Fische und Konchylien haben gleichfalls ihre eignen Provinzen und liefern den Küstenbewohnern reichliche Ausbeute. Im Roten Meer sind zahlreiche Korallenbänke, welche der Westküste fehlen, im O. die Kauris (Cypraea moneta), deren Schalen in einem großen Teil von Afrika als Scheidemünze gelten. Von Haustieren steht das Rind an Wichtigkeit obenan. Der gesamte Reichtum mancher afrikanischen Stämme besteht nur in den Rinderherden, so z. B. am obern Nil, bei den Kaffern etc. Ebenso allgemein verbreitet sind die Schafe und Ziegen, namentlich von erstern Fettschwanzschafe. Im N. ist vor allen das Dromedar ein unentbehrliches Haustier, welches über ganz Nordafrika bis zu den feuchten Regionen des Sudân verbreitet ist, ferner das Pferd von der edlen Berberrasse Tuats bis zu den unansehnlichen Exemplaren der Sonrhai im W. und der Abessinier im O., der Esel und das Maultier, beide wertvolle Lasttiere. Im S. dient das Rind als Last- und Reittier, Pferde und Esel halten nur die weißen Ansiedler.
Namentlich im W. eignet sich der Ochs zum Last- und Reittier wegen seines ausdauernden Ganges ganz vorzüglich. Auch die Zibetkatze wird hier und da gehalten. Die Fauna von Madagaskar weist eine gleiche Beziehung zu Afrika auf wie die Antillen zum tropischen Amerika oder wie Neuseeland zu Australien; wir sehen dort Halbaffen (Lemuridae), Janrek oder Borstenigel (Cetentida) und Viverriden, aber weder große Raubtiere noch Dickhäuter oder echte Affen. Haustiere fehlen gleichfalls. Dagegen hat die Insel einen großen Reichtum an Wasservögeln. Was die Reptilien betrifft, so finden sich wenig afrikanische Gruppen, während eine beträchtliche Anzahl von östlichen und selbst von amerikanischen Formen vorkommt. Die Maskarenen beherbergen meist große, plumpe Vögel, wie den Dronte, den Aphanapteryx, welche schon fast ganz ausgerottet sind.
Bevölkerung.
(Hierzu Tafel »Afrikanische Völker«.) [* ]
Afrika hat von jeher für den Ethnographen eine besondere Anziehungskraft gehabt. Schon Karl Ritter, der den Zusammenhang zwischen der Ländergestalt und der Entwickelung der menschlichen Gesittung zu ergründen suchte, wies darauf hin, daß die niedrige geistige Stufe des Negers durch die niedrige Stufe der Gliederung Afrikas gerechtfertigt werde, ein Weg, auf dem ihm dann namentlich Peschel gefolgt ist. Unwegsamkeit ist ein Grundzug des afrikanischen Weltteils. Wie seine ozeanischen Umrisse schon ungünstig sind, so fehlt es ihm auch an aufschließenden Strömen.
Der Nil hat als Verkehrsmittel einen niedrigen Rang; der Niger durchströmt wohlbevölkerte Gebiete, und dennoch belebt ihn keine nennenswerte Schiffahrt. Die Schiffbarkeit des Congo wird nach verhältnismäßig kurzer Strecke von der Küste her durch gewaltige Felsstufen unterbrochen. In Bezug auf nautische Leistungen stehen die Bewohner keines Erdteils so niedrig wie jene Afrikas. Nur der Kru-Neger von der Guineaküste verdingt sich als Matrose; der hochkultivierte alte Ägypter schwang sich kaum über die Gondelschiffahrt empor.
Die Flüsse waren dem Afrikaner fast mehr Hindernisse als Bindungsmittel, und auffallend ist die geringe Zahl afrikanischer Stämme, die sich von Fischfang nähren. Zu der nautischen Verschlossenheit gesellt sich noch als Verschärfung die Unwegsamkeit großer Binnenräume. Der Wüstengürtel, der sich quer durch den Weltteil verbreitet, scheidet den Kontinent für die Gesittungsgeschichte in zwei streng gesonderte Hälften; denn während der nördliche Saum für alle Segnungen des mediterranen Bildungsgangs empfänglich war, blieb die südliche Hälfte mehr auf sich angewiesen. Die Schwierigkeiten der
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Überschreitung der Sahara wurden erst verringert, seit das Kamel eingeführt wurde. Fühlbar wird die Gewalt der Wüste namentlich in der Ausbreitung der Menschenrassen, denn, geringe Ausnahmen, wie die Tibbu, abgerechnet, beginnt erst jenseit der Wüste das Land der Schwarzen, der Sudân. Dieser Schwierigkeit und diesen Schranken begegnete auch die Gesittung. Aber der Nord- und Nordostrand standen durch die Annäherung an Asien und Europa der günstigen Einwirkung fremder Zivilisation offen, und dieser Einwirkung darf z. B. die Kenntnis des Ausschmelzens des Eisens durch ganz Afrika, bis zum Süden hinab, zugeschrieben werden.
Abgesehen von einer der ältesten Kulturstätten, der ägyptischen im fruchtbaren Thal des Nils, verdunkeln sich die Gesittungszustände Afrikas, je weiter wir uns von dieser entfernen, bis wir an der Südspitze in den Buschmännern ein Volk auf der niedrigsten Stufe des menschlichen Geschlechts finden. Überhaupt gilt in Afrika im allgemeinen, wenn auch nicht streng, als Regel, daß die Gesittung abnimmt in der Richtung von N. nach S., von O. nach W. Nord- und Ostrand empfingen die meisten fremden Einflüsse, ja fremde Völker, wie denn selbst Malaien auf Madagaskar sich niederließen. Die Bewegung von O. nach W. hat aber schon vor der Ausbreitung nachweisbar asiatischer Einwanderer geherrscht.
Kein Weltteil zeigt eine so regelrechte Schichtung der Arten oder Spielarten unsers Geschlechts nach Erdgürteln, und es ist daher verzeihlich, wenn alte Geographen in den Fehler verfielen, mit dem Vorrücken nach S. hin auf den Einfluß der Sonne auf die dunklere Färbung der Haut zu schließen.
Den sichersten Weg zur Klassifizierung der Völker Afrikas bietet uns immer noch die Sprache (s. Afrikanische Sprachen u. die »Sprachenkarte«). Friedrich Müller und Lepsius legten bei ihrer Klassifizierung der afrikanischen Völker auf dieses Moment mit Recht das Schwergewicht, während R. Hartmann vorzüglich den physischen Körperhabitus berücksichtigt. Nach Friedr. Müller beherbergt Afrika gegenwärtig sechs verschiedene Rassen, nämlich die hottentotische im äußersten Süden und Südwesten, die Kaffer- (richtiger Kafir-) Rasse von der Hottentotenrasse nordwärts bis an und über den Äquator, die Negerrasse im Sudân, die Fullarasse, eingekeilt zwischen der Negerrasse und von O. nach W. in einer Linie sich hinziehend, endlich die mittelländische Rasse im N. und NO. bis zum Äquator herab sowie die malaiische Rasse in Madagaskar und auf den dasselbe umgebenden Inseln. Von diesen sechs Rassen können nur die vier ersten als autochthon gelten, während die beiden letzten erwiesenermaßen aus Asien eingewandert sind.
Die Hottentoten waren ehemals die Aboriginer ganz Afrikas südlich vom Cunene und Sambesi, sie wurden aber von den Kaffervölkern verdrängt und bewohnen jetzt den westlichen Teil der Südspitze Afrikas bis 19° südl. Br. Sie zerfallen in die eigentlichen mittelgroßen Hottentoten [* ] (Fig. 21 u. 22 der Tafel), welche sich selbst Khoi-Khoin, d. h. Menschen, nennen und aus den Nomadenvölkern der Nama und Korana bestehen, und das Jägervolk der weit kleinern Buschmänner [* ] (Fig. 25 u. 26). Die Farbe der Haut, welche sich früh und stark runzelt, ist ledergelb, die Frauen zeichnen sich durch Steatopygie aus, die Sprache ist merkwürdig durch Schnalzlaute. Als Verwandte erscheinen die unter dem Äquator von Schweinfurth, Du Chaillu, Lenz, Stanley aufgefundenen Zwergvölker, von denen die licht kaffeebraunen Akka [* ] (Fig. 24) höchstens 1,5 m Größe haben.
Die Kaffern oder Bantu, nordöstlich von den vorigen, bilden einen Völkerkomplex, welcher alle an der Ostküste Afrikas vom Kap bis an den Äquator und den 55.° nördl. Br. wohnenden Stämme umfaßt. Sie sind in ihre jetzigen Wohnsitze nach und nach von O. eingewandert. Zu den Kaffern zählt man: die durch ihre kriegerischen Eigenschaften bekannt gewordenen Zulu [* ] (Fig. 14), welche nebst andern nahe wohnenden Stämmen den treuesten Typus der Rasse darstellen;
im Innern des Kontinents, nördlich bis zum Ngami und südöstlich bis zur Kathlambakette reichend, die durch ihre gewerbliche Geschicklichkeit berühmten Betschuanen [* ] (Fig. 23);
zu beiden Seiten des mittlern Sambesi die Marutse und Mambunda, die beiden herrschenden der 18 zu diesem großen Reich verbundenen Stämme;
die schon mit Semitenblut vermischte Gruppe der Suaheli [* ] (Fig. 28), welche bis zum Kenia und Tanafluß reicht;
von der Westküste bis zum Äquator hinaus die Congovölker [* ] (Fig. 13), darunter das hellbraune Kannibalenvolk der Bakumu, am Gabun der stattliche, sangeslustige Stamm der Mpongwe [* ] (Fig. 1 u. 2) und die von O. eingedrungenen, insgeheim dem Kannibalismus ergebenen Fan [* ] (Fig. 9);
im äußersten Nordwesten die Dualla am Camerun und die ganz nackten Adija der Insel Fernando Po.
Der physische Typus der Bantu zeigt manche Ähnlichkeit mit dem der Neger, weicht aber in vielen Punkten wesentlich von ihm ab.
Die Farbe der Haut ist ursprünglich gelbbraun mit einem Stich bald ins Lichtere, bald ins Dunklere;
man begegnet aber im W. und NO. auch einem tiefen Schwarz, was wohl auf Mischung mit Negern hindeutet.
Der Wohnsitz der Neger, denen man früher den ganzen Erdteil einräumte, beschränkt sich nach dem gegenwärtigen Standpunkt der Forschung auf den Teil des westlichen und mittlern Afrika, welcher vom Senegal bis gegen Timbuktu und von da bis an die nördlichen Ufer des Tsadsees reicht, von dort aus gegen N. in die Sahara bis gegen Fezzan sich zieht, wo im N. mittelländische, im O. Nubastämme ansässig sind. Hier erstreckt sich das Gebiet der Neger über Dar Fur den Nil hinauf bis zu den nördlichen Ufern des Ukerewe, von wo eine zum Meerbusen von Biafra gezogene Linie die Grenze bildet. Am reinsten hat sich der Negertypus erhalten bei den Wolof (den »Schwarzen« im Gegensatz zu den Fulah, den Gelben) zwischen Senegal und Niger, zur echten Negerrasse gehören ferner die Kru an der Pfefferküste, welche an der ganzen Westküste sich als Schiffer verdingen, die Mandingo, vor den Eroberungen der mohammedanischen Fulah das mächtigste Volk Westafrikas, die Sonrhay, welche im westlichen Zentralafrika dieselbe wichtige Rolle spielten, die Haussa, deren Sprache als Handelssprache weit verbreitet ist, am Niger und Binuë die Koto [* ] (Fig. 8), in Bornu der Stamm der Kanori, dann die ihnen nahe verwandten Tibbu. Die Sprache der Bagirmi [* ] (Fig. 15) hat man als eine isolierte zu betrachten, in Wadaï gilt das Maba als allgemeine Verkehrssprache, östlich davon hat Dar Fur (Fig. 11) eine mit Nuba und Arabern stark gemischte Bevölkerung. Am Bahr el Abiad wohnen die tiefschwarzen Dinka und Schilluk, von denen sich das ackerbauende Volk der Bongo durch intensives Kupferrot scharf unterscheidet. Zwischen den Negern und am Rande des Negergebiets sitzt eine Reihe von Völkern, in der Mitte stehend zwischen Negern und mittelländischen Hamiten und so den Übergang zwischen beiden bildend. Dies sind die Nuba-Fulah-Völker, welche sprachlich in eine westliche Abteilung, die Fulah, und eine östliche, die Nuba, zerfallen. Die
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Züge, durch welche sich diese Rasse hauptsächlich von den Negern unterscheidet, sind die rotbraune Hautfarbe, das große, schöne Auge, die etwas gebogene Nase, das nicht wollige, lange, schlichte Haar. Die Fulah (Fellani, Fellata) wohnen am Senegal im W. bis Dar Fur im O. und von Timbuktu im N. bis Joruba und Adamáua im S., überall als erobernde Eindringlinge zerstreut, an vielen Orten das herrschende Volk und Gründer mächtiger Staaten. Sie sind sämtlich Mohammedaner, stellen sich mit den Weißen auf eine Linie und sehen stolz auf den Neger herab. Das Gebiet der Nuba reicht von den Sitzen der Fulah in Dar Fur bis zu den hamitischen Bedscha im O. und von Assuân im N. bis zum 5.° nördl. Br. im S. Zu ihnen gehören insbesondere die echten Nubier [* ] (Fig. 12), welche das Nilthal von Assuân bis Wadi Halfa bewohnen, nebst den Bewohnern von Dongola, ferner das erobernde Volk der Fundsch zwischen dem Weißen und Blauen Nil, die Schangalla am Takazzé und Atbara und wahrscheinlich auch die kaffeebraunen Monbuttu [* ] (Fig. 16) im S. des Uëlle nebst den nördlich davon wohnenden Niam-Niam, deren üppiger Haarwuchs zu lang herabhängenden Flechten Anlaß gibt, während die Monbuttu mit Hilfe von Rohrgestellen große Chignons aufbauen. Beide sind als arge Kannibalen verrufen, während das Jägervolk der Schuli [* ] (Fig. 18) nordöstlich vom Mwutan durch Zutraulichkeit und Anstelligkeit sich vorteilhaft auszeichnet. Von der mittelländischen Rasse ist in der hamito-semitische Stamm vertreten durch die ägyptische, die libysche und die äthiopische Familie (Hamiten) und die Araber nebst den Bewohnern von Amhara und Tigré (Semiten). Zur ägyptischen Familie gehören die städtebewohnenden christlichen Kopten (Fig. 6 u. 7) im untern Nilthal, die allerdings vielfach mit fremdem Blut vermischten Reste der alten Ägypter, deren Sprache aber heute vollkommen ausgestorben ist, sowie die Bauernbevölkerung der mohammedanischen Fellahs [* ] (Fig. 5), bei der sich der altägyptische Typus viel weniger rein erhalten hat.
Von den ostafrikanischen Hamiten nähern sich den Altägyptern am meisten die südlicher wohnenden bronzefarbigen Berâbra. Auch der libysche Stamm, der vor dem Eindringen fremder Völker in die nordafrikanischen Regionen das ganze weite Gebiet zwischen dem Mittelmeer, Ägypten, der Sahara und dem Atlantischen Ozean innehatte, ist von Vermischung mit fremdem Blut nicht frei geblieben. Wir bezeichnen diese weit ausgebreitete nomadisierende Nation als Berber [* ] (Fig. 10) und rechnen zu ihnen, abgesehen von den ausgestorbenen Guantschen der Kanarischen Inseln, die Masig in Marokko, die Kabylen in Algerien und Tunis, die räuberischen Tuareg oder, wie sie sich selbst nennen, Imoscharh im weiten Mittelgebiet der Sahara. Sämtliche Oasen zwischen den Negerländern und den arabischen Staaten Nordafrikas sind von berberischen Stämmen besetzt. Über diese Berber hat sich erobernd durch ganz Nordafrika, diesem sein Gepräge und seine Sprache aufdrückend, der semitische Stamm der Araber [* ] (Fig. 3 u. 4) ergossen und überall den Islam an die Stelle des Christentums gesetzt.
Zwischen ihnen sitzen am ganzen Nordrand die ebenfalls semitischen Juden, welche, wiewohl von jedem der nacheinander herrschenden Völker geknechtet, dennoch ihr Blut vollkommen rein erhalten haben. Als dritte schließt sich die äthiopische Familie an die vorigen mit einer Reihe von Stämmen an, deren Stellung im ethnologischen System zum Teil noch nicht ganz sicher ist, die man indes ihrer entfernten Sprachverwandtschaft wegen noch zu den Mittelländern rechnet.
Dahin gehören im N. von Abessinien die Bedscha oder Bischari (nach Quatremère die Nachkommen der alten Blemmyer), die Bogos im Gebirgsland, nordwestlich von Massaua, und die südwestlich davon wohnenden Saho oder Schoho, die Agau im Quellgebiet des Takazzé, die auch abessinische Juden genannten Falasche, die Danakil an der Südwestküste des Roten Meers, endlich die Galla und Somal. Die Galla, welche sich selber Orma, d. h. starke, tapfere Männer, nennen, sind in der That das, als was sie sich bezeichnen, ein sittenstrenges, edles Volk.
Von den nördlichen Galla haben einige das Christentum oder den Islam angenommen, sonst haben sie ihre eigne Religion. Mit den Negern haben sie nur die Farbe gemein, ihre Gesichtszüge sind eher europäisch als semitisch. Sie bewohnen das Gebiet zwischen Abessinien, den mittelafrikanischen Seen, den Suaheli und den Somal, ihren Todfeinden, von denen sie gegen W. und S. gedrängt wurden. Die braunen Somal [* ] (Fig. 29 u. 30), die im Singular Somali heißen, nehmen das ganze Osthorn Afrikas beinahe von Bab el Mandeb bis zum Dschub ein. Es ist ein reichlich mit semitischem Blute durchsetztes Mischvolk von hohem Wuchs, bartlos, mit stechenden Augen und dichter Wollperücke, das teils in Städten ansässig ist und Ackerbau treibt, teils nach Beduinenart umherschweift und wegen seiner Mordlust und Raubgier berüchtigt ist.
Das dritte semitische Volk, welches, räumlich von den oben genannten (Arabern, Juden) getrennt, Afrika bewohnt, sind die Abessinier [* ] (Fig. 19 u. 20), eine alte Kolonie der Himjariten, welche einige Jahrhunderte vor unsrer Zeitrechnung von Jemen und Hadramaut über die Meerenge hinübersetzten und in Afrika ein Reich schufen, in dem das Christentum, freilich in völlig verwahrloster Gestalt, herrscht. Die malaiische Rasse endlich wird auf Madagaskar durch das herrschende Volk der Howa vertreten, zu ihr rechnet Mullens auch die ebenfalls dort wohnenden Sakalaven [* ] (Fig. 27), die Peschel und Müller den Bantuvölkern zuzählen.
Die Howa sind schon in vorhistorischer Zeit von O. her eingewandert, noch zeigt uns außer der Sprache mancher Zug die malaiische Herkunft. Die Indogermanen endlich, welche in kleinern Kolonien und vereinzelt an allen bedeutenden Küstenpunkten sitzen, haben im N. durch die französische Eroberung Algeriens festen Boden gefaßt, sind im äußersten Süden aber schon zu größerer Entfaltung gelangt, im Kapland durch Holländer und Engländer, in den beiden Bauernrepubliken durch die erstern allein. Hier haben sie auch noch eine größere Zukunft.
Die Zahl sämtlicher Bewohner Afrikas läßt sich natürlich nur annähernd bestimmen. Für den bei weitem größten Teil sind wir auf Mutmaßungen angewiesen. Auch ist die Verteilung der Bevölkerung eine ungemein verschiedene. Um den Busen von Guinea, vom Senegal bis zum Cunene, zieht sich ein sehr dicht bewohnter Gürtel hin. Dieser Gürtel nimmt in seinem nordwestlichen Teil den Raum zwischen der Sahara und der Küste von Oberguinea ein, schwillt dann in der Mitte bedeutend an, indem er sich fast über die ganze Breite des Kontinents bis nach dem ägyptischen Sudân und den Gallaländern erstreckt, wird gegen S. wieder bedeutend schmäler und endet mit Benguela am Cunene. Fast alles Land außerhalb dieses Gürtels ist schwach bevölkert. Im N. dehnt sich durch fast die ganze Breite des Kontinents die Sahara aus mit ungeheuern, völlig menschenleeren Räumen; nur die Oasen und der Rand zeigen dort Bevölkerung. Der Nordrand, längs der Mittelmeerküste, ist dann wieder dichter
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bewohnt. Auch Nubien, Kordofan, Taka und Abessinien sind spärlich bevölkert; erst die Gallaländer und die Negerländer am Weißen Nil zeigen dichtere Menschengürtel. Sehr spärlich ist die ganze Südspitze vom 10.° südl. Br. an bevölkert. Auf 1 qkm kommen in Nordafrika 1,6, in Nordostafrika 7, im mittlern Sudân 18,5, im westlichen Sudân 22 und in Südafrika 4 Menschen, endlich in ganz Afrika, dessen Bevölkerung auf rund 210½ Mill. berechnet wird (s. unten), durchschnittlich 7 Menschen (vgl. auch die Karte »Bevölkerungsstatistik«). [* ]
So verschieden die Völker Afrikas auch sind, gewisse gemeinsame Grundzüge lassen sich bei den meisten erkennen, wenn auch diese vielfach variiert sind, so die Verzierungen des Körpers (Tättowierung), das Ausbrechen oder Spitzfeilen der Zähne, die Beschneidung, das Verzieren der Lippen und Ohren, die kindische Freude am Putz durch Schnüre von Glas- und Eisenperlen, Arm- und Beinringe, der Haupthaarputz u. a. Nur das kältere Gebirgsklima nötigt den Afrikaner zum Anlegen von Kleidern. Der Waffenluxus ist besonders im Sudân zu Hause, doch steuert ihm die allmähliche Verbreitung des Feuergewehrs. Der Hausbau ist nur im Sudân höher entwickelt. Gemeinhin bestehen die Häuser aus einfachen Lehmhütten (Tokuls).
Wo der Charakter der Neger in seiner Ursprünglichkeit sich erhalten findet, da ist er schnell leidenschaftlich zu erregen, aber ebenso rasch wieder zu besänftigen, kindlich, ja kindisch, ausgelassen fröhlich, bei großer Bedürfnislosigkeit meist träge, wenigstens nirgends den Wert der Zeit kennend. Ein andrer wird er durch die Not und den Druck, vor allem aber ist er durch den Sklavenhandel verderbt; dieser macht ihn nicht nur habsüchtig (der Vater verkauft wohl Mutter und Kind, um ein buntes Lendentuch oder eine Schnur Perlen einzutauschen), sondern auch grausam und tückisch.
Überall bleibt ihm aber, die gedrücktesten Stämme vielleicht ausgenommen, seine ausgelassene Fröhlichkeit; mit Tanz, Gesang und Musik verbringt der Neger die Nächte, unbesorgt um den andern Tag, an dem er sich mit stumpfsinniger Gleichgültigkeit hinschlachten oder in die Sklaverei führen läßt. Was die Familienverhältnisse anlangt, so herrscht fast durch ganz Afrika Polygamie; meist zeugt die Zahl der Frauen für den Reichtum des Mannes, denn die Frau wird gekauft und ist meist Sklavin und Lasttier des Mannes, wenn es auch bei einigen Bantuvölkern Ausnahmen gibt, wo die Frauen eine bevorzugte Stellung einnehmen.
Unter den Negervölkern gilt als verbreitetes Erbfolgegesetz, daß nach dem Tod eines Häuptlings nicht sein Sohn nachfolgt, sondern der Bruder oder der Schwestersohn des Verstorbenen. Die Sklaverei ist eine uralte Institution; die meisten Sklaven sind aber Kriegsgefangene, oder sie sind gestohlen, selten wegen Verbrechen verkauft. Diese große Unsicherheit der Existenz hat unter den Negern zur Blutbrüderschaft geführt, welche fast noch engere Bande zieht als die Familie.
Religion. Den wesentlichen Anteil an der blutgierigen Grausamkeit vieler Negervölker haben ihre religiösen, mit dem wunderlichsten Aberglauben vermischten Vorstellungen. Wo nicht der Islam und an einigen Punkten das Christentum Eingang gefunden haben, herrscht fast überall roher Fetischdienst mit Glauben an Zauberkünste und Hexerei. Einigen Völkern scheint jede religiöse Vorstellung, jede Ahnung von einer Fortdauer des Daseins zu fehlen, so den Buschmännern; dagegen schlachten die Kaffern den Geistern ihrer Vorfahren (Amahlozi), die sie unter der Gestalt unschuldiger Hausschlangen zu sehen glauben, Opfer.
Diese Verehrung Verstorbener finden wir als einen hervorragenden gemeinsamen Zug des religiösen Lebens durch alle entwickelten Negervölker durchgehen, er spricht sich in der allgemein verbreiteten Sorge um die Leichname der Verstorbenen und deren Gräber aus. Verbunden mit dem Glauben an eine Fortdauer nach dem Tod, finden wir darin eine Erklärung vieler Züge der Grausamkeit, des Hinschlachtens von Sklaven, selbst der Frauen, des Mitgebens von Speise und Trank etc., damit der Gestorbene gleich nach dem Tod wieder königlich bedient werde.
Tausende folgen so freiwillig und unfreiwillig dem gestorbenen König von Dahomé in den Tod. Zum Glauben an Einen Gott hat sich kein Negervolk aus sich erhoben, wohl aber die Galla; wo religiöser Glaube herrscht, da sind dessen Gegenstände gute und böse Geister, die unter der Gestalt von Tieren und Götzenbildern aller Art verehrt werden. Der Balonda verehrt die Kuh; Fetisch ist in Whydah die giftige Abgottsschlange (Vipera Idolum), in Abomê der Tiger (Leopard), bei den Aschanti das Krokodil.
Man bringt mannigfache Opfer, selbst Menschenopfer. Die Verehrung geschieht bei den Marghi in heiligen Hainen, bei den Congonegern unter großen Bäumen, an der Sklavenküste selbst in Tempeln. Religiöse Feste werden bei vielen zur Zeit des Neumonds veranstaltet und mit Tanz und Musik begangen. Bei dem Schlangentempel von Whydah gibt es Priester und Priesterinnen zum Dienste des Fetisches. Die Priester sind zugleich Ärzte, Wahrsager und Zauberer, wenigstens Regenmacher.
Kaffern und Hottentoten haben zwar keine eigentlichen Priester, aber sogen. Regenmacher, zu denen sie zur Zeit der Regenlosigkeit ihre Zuflucht nehmen. Jede Krankheit, jeder Todesfall wird der Hexerei übelwollender Feinde zugeschrieben und der Priester zu Rate gezogen, um den Zauber zu lösen oder den Thäter zu entdecken. Der Angeklagte muß sich dem Gottesurteil unterwerfen, indem er einen Gifttrank genießt; ist er reich, so gibt ihm der bestochene Priester einen unschädlichen, ist er arm, so ist er meist dem Tod verfallen.
Diesem wilden, grausamen Heidentum gegenüber bewirkt der Islam einen mächtigen Fortschritt in der Gesittung und Bildung der Neger. Er mildert die Sitten und bringt mannigfache Elemente einer höhern Kultur unter die Schwarzen; von Tag zu Tag wächst sein Einfluß, nimmt die Zahl seiner Verehrer zu. Doch hat sich mitten im Sudân, wo schon lange der Mohammedanismus herrschend ist, noch mannigfacher Aberglaube erhalten; der Glaube an Talismane, an Erstehen von Regen ist allgemein verbreitet. Der Islam ist über den ganzen Norden des Kontinents, dann im Sudân und in Ostafrika verbreitet. Innerafrika ist noch im Heidentum versunken. Christen sind die Kopten in Ägypten und die Abessinier (Monophysiten). In Südafrika hat das Christentum noch nirgends durchgegriffen. Tiefer eingedrungen ist es in Madagaskar. Statistische Angaben s. bei der Karte »Bevölkerungsstatistik«. [* ]
Gewerbe und Handel. Alle Arten der Lebensweise, von der des Jagdvolks aufwärts, sind in Afrika vertreten. Die Jagdvölker stehen am tiefsten, haben die ärmste Sprache und nur im Fang der Tiere, im Auffinden eßbarer Wurzeln eine der tierischen gleiche Scharfsichtigkeit, keinen staatlichen Verband. Hierher gehören die Buschmänner und viele Völker des zentralen Kerns. Die nomadischen
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Hirtenvölker leben von Viehzucht, Jagd und teilweise auch von Krieg und Raub; zu ihnen gehören die räuberischen Kaffern, Masai, Somal, Galla, der Schrecken ihrer Nachbarn, die Tuareg der Wüste, aber auch die Dama und Namaqua und ein großer Teil der Fulbe. Ihr Hauptreichtum sind Rinderherden und Herden von Kleinvieh, im N. Kamele und Pferde. Die Halbnomaden, wie die Schua (Araber) im Sudân, ziehen in der trocknen Zeit mit ihren Herden umher und bebauen zur Regenzeit das Feld, wenigstens durch Weiber und Kinder.
Dies sind die Bewohner der Wüsten und Steppen. Ein großer Teil der Bevölkerung lebt aber von Ackerbau, der oft mit Viehzucht verbunden wird. Es sind meist friedfertige Völker, die mit den Nachbarn im Frieden, aber freilich unter sich oft im Streit über Mein und Dein leben. Wo Ruhe und passende Weide, finden wir auch hier das Rind und Kleinvieh, darunter Schweine und Geflügel. Bei einigen Völkern bilden nur Hühner und Hunde den Haustierstand. Die verschiedenen Hirsearten, Durra, Dochn, Mais und Maniok sind mit der Erdnuß die wichtigsten und verbreitetsten Pflanzen des tropischen Afrika. Nur im S. und N. findet auch Anbau des europäischen Getreides statt.
Von Industriezweigen finden wir fast überall die Töpferei; nicht so allgemein verbreitet ist die Kunst, Häute zu gerben und zu verarbeiten, wohl aber die, Matten zu flechten. Der Kordofaner wie der Batoka, der Ovampo und der Bewohner des Sudân wissen aus Erzen auf die einfachste Weise treffliches Eisen und Stahl zu gewinnen und zu verarbeiten, ebenso der Ovampo u. a. das Kupfer, der Bewohner der Goldküste das Gold. Der kunstreiche Schmied steht überall in hoher Achtung.
Dagegen ist die Weberei und Färberei nur auf einzelne Gegenden beschränkt; berühmt ist Kano im Sudân durch Weberei, Färberei, feine Lederwaren, geschätzt die Goldschmiedearbeit der Aschanti, und vielfach wird die einheimische Baumwolle verarbeitet. Schweinfurth unterscheidet mit Rücksicht auf die Gewerbthätigkeit der afrikanischen Eingebornen drei Kulturzweige auf dem Kontinent. Der erste, das Gebiet der Feuerwaffen, umfaßt die Küstenlandschaften und reicht namentlich im N. ziemlich tief ins Binnenland hinein.
Seine Bewohner stehen in mehr oder weniger regem Verkehr mit Europäern und erhalten von diesen ihre Bedürfnisse. Tiefer im Innern ist die zweite Region, die der europäische Markt durch Vermittelung des Eingebornenhandels nur noch mit Baumwollzeugen zur Kleidung der Einwohner zu versorgen vermag. Hier regt sich die Industriethätigkeit. Im innersten Zentralkern des Kontinents breitet sich das dritte, von jeder mittelbaren oder unmittelbaren Berührung mit der europäischen Welt intakt gebliebene Gebiet aus, dessen Bewohner Kleidung aus Rindenzeugen und Fellen gebrauchen. Je größer die Fortschritte, meint Schweinfurth, gewesen, welche hin und wieder ein afrikanisches Volk auf der Bahn der äußern Gesittung gemacht, um so geringfügiger habe sich dessen eigne Produktionskraft gestaltet; durch die europäische Industrie sei jede Regung des angebornen Nachahmungstriebs bei den Afrikanern erstickt.
Der Handel folgt im Innern bestimmten Wegen und wird durch Karawanen betrieben; so fördert der Tibbu, der Kelowi, der Kaufmann von Ghadames, der Mosabite die Waren Europas ins Innere des Sudân, dessen Erzeugnisse er dagegen nach N. führt. In Oberguinea vermittelt der Mandinka den Verkehr mit den Innern. Von Congo aus gehen die Karawanen der einheimischen Pombeiro ins Innere, von Sansibar aus die der Araber und der einheimischen Wanjamuesi. An den Küsten finden wir Kaufleute aller europäischen Nationen zerstreut, an der Ostküste selbst indische Banjanen. Im nördlichen und mittlern Afrika ist Salz, das in großen Mengen in der Sahara gewonnen und auch aus Europa eingeführt wird, ein wichtiger Handelsartikel; für die Ausfuhr nach Europa kommen namentlich in Betracht das zur Seifenbereitung benutzte Öl von der Ölpalme und Palmenkerne, vorzugsweise an der Küste von Kap Palmas bis zum Nigerdelta gewonnen, weiter südwärts Kopalharz, aus dem Innern Elfenbein, endlich Straußenfedern, Diamanten (vom Kapland), Gold, Kaffee, Farb- und Schmuckhölzer u. a. Das Kapland, Ägypten und Algerien, wo Europäer seit langem herrschend geworden, führen die verschiedensten Kolonialprodukte aus, vor allen Wolle, Baumwolle und Getreide, die Maskarenen Zucker. Am umfangreichsten wird aber der Sklavenhandel durch ganz Afrika getrieben.
Manche der heidnischen Negerfürsten verkaufen Unterthanen oder machen jährlich ihre Sklavenjagden in die Nachbargegenden, und das thun selbst die mohammedanischen Bewohner des Sudân wie die von Bornu und Bagirmi, für welche Sklavenfang der Haupterwerb ist, und die Ägypter in den obern Nilländern. Reich angebaute und bevölkerte Gegenden veröden durch diese Razzias, und es wird dadurch der Sklavenhandel zu einem Haupthindernis einer fortschreitenden Entwickelung der Neger.
Außer den Kriegsgefangenen werden aber auch viele gestohlen, ältere Leute wie Kinder; manche werden von den Angehörigen verkauft. Der Kleinhandel findet sich überall entwickelt, bei jedem Negerdorf gibt es einen Markt, auf dem die Bedürfnisse des Lebens verkauft werden. Mannigfach sind die Münzen des Landes, in vielen Gegenden Salztafeln (Südsudân, Abessinien), Muscheln oder Kauris, Baumwollzeugstreifen, Glasperlen, an der Goldküste selbst Goldstaub; Geld in den Mittelmeerländern, den Kolonien und Abessinien, wo die Mariatheresienthaler gelten. Der Handel bildet die Hauptquelle der Einnahme der Häuptlinge; überall wird Zoll erhoben, sei es in Waren oder in Sklaven, und an den östlichen Küsten auch in Geld; ja, selbst Brückenzoll mußte Livingstone tief im Innern entrichten.
Die Wege der Karawanen, die unter dem Schutz, oft unter dem Geleit der Fürsten stehen, sind durch Wasser- und Weidevorkommen von der Natur vorgezeichnet. Von Ägypten, Tripolis, Südalgerien, Marokko führen sie nach S., wo Kano und Timbuktu Hauptemporien des Handels sind, nach denen auch von der Küste Oberguineas Straßenzüge gehen. Von Ägypten aus führt eine Straße durch die westlichen Oasen nach Dar Fur und von da westwärts über Wadaï nach Bornu; eine zweite Straße führt über Borgu ebendahin. Am wichtigsten sind gegenwärtig die von Tripolis ausgehenden Straßenzüge, südwärts die zwei Straßen nach Mursuk, südwestlich nach Ghadames. In Südalgerien gehen die Routen von Tuggurt und Ghardina im Lande der Beni Mzab (Mosabiten) über Tuat nach Timbuktu; ebendahin führen die Straßen von Tafilet in Südmarokko und die von Agadîr über Arauan. Andre Straßen führen von W. nach O., auf denen die Pilger nach Mekka wallfahrten, so von Senegambien über Timbuktu, durch die Wüste, Bornu, Wadaï, Dar Fur nach Suakin; die Moslems des Nordens ziehen über Siwah nach Suez.
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Staatliche Einteilung.
I. Einheimische Staaten.
QKilom. | Bewohner | Auf 1 QKil. | |
---|---|---|---|
Ägypten (türkischer Schutzstaat) | 2,900,800 | 16,570,000 | 5.6 |
Tripolis und Barka (Türkei) | 1,033,000 | 1,000,000 | 1.0 |
Marokko | 812,000 | 10,000,000 | 12.3 |
Sahara | 6,180,000 | 2,500,000 | 0.4 |
Sudân und Oberguinea | 3,426,000 | 75,000,000 | 22.0 |
Abessinien | 333,200 | 3,000,000 | 9.0 |
Galla- und Somalländer | 1,897,000 | 15,500,000 | 8.0 |
Äquatorialgebiete | 3,972,000 | 47,000,000 | 12.0 |
Republiken der Boers | 399,329 | 962,578 | 2.4 |
Andre Staaten in Südafrika | 4,700,000 | 24,400,000 | 4.8 |
Madagaskar | 591,900 | 3,500,000 | 6.0 |
Zusammen: | 26,245,229 | 199,432,578 | 7.6 |
II. Kolonien und Besitzungen.
Erworben | Areal QKilom. | Bevölkerung | Jahr | |
---|---|---|---|---|
Großbritannien. | - | - | - | - |
Kapkolonie | 1808-1880 | 628,658 | 1,249,824 | 1881 |
Natal | 1843 | 48,560 | 418,731 | 1883 |
Walfischbai | 1878 | ? | ? | - |
Sierra Leone | 1787 | 2,600 | 60,546 | 1881 |
Gambia | 1588 | 179 | 14,150 | 1881 |
Goldküste | 1872 | 38,850 | 651,000 | 1883 |
Lagos | 1861 | 189 | 87,165 | 1883 |
St. Helena | 1673 | 123 | 5,085 | 1883 |
Ascension | 1815 | 88 | 400 | - |
Tristan da Cunha. | 1815 | 116 | 105 | 1881 |
Mauritius | 1810 | 1,914 | 361,094 | 1883 |
Neu-Amsterdam und St. Paul | - | 73 | - | - |
Seschellen, Amiranten u. a. | 1794 | 742 | 13,391 | 1871 |
Sokotora | 1876 | 3,579 | 10,000 | 1881 |
Zusammen: | - | 725,671 | 2,871,491 | - |
Frankreich. | - | - | - | - |
Algerien | 1830 | 667,065 | 3,310,412 | 1881 |
Senegal | 1637 | 250,000 | 191,608 | 1881 |
Goldküste und Gabun | 1843 | 2800 | 3,000 | - |
Réunion | 1649 | 2,511.6 | 170,458 | 1882 |
Mayotte | 1635-1843 | 366 | 9,907 | 1882 |
Nossi Bé | 1635-1843 | - | 9,009 | 1881 |
Ste.-Marie de Madagascar | 1635-1843 | 293 | 7,287 | 1882 |
Obok | 1881 | 495 | ? | |
Tunis (Schutzstaat) | 1881 | 116,348 | 1,500,000 | |
Zusammen: | - | 1,039,878.6 | 5,201,681 | - |
Portugal. | - | - | - | - |
Madeira | 1419 | 815 | 133,955 | 1882 |
Kapverdische Inseln | 1456 | 3851 | 99,317 | 1879 |
Guinea (Senegambien u. Bissagos, Cacheu, Boloma ^[richtig: Bolama] etc.) | 1447 | 69 | 9,282 | 1873 |
São Thomé, Principe, Ajuda | 1485 | 1116 | 25,537 | 1873-79 |
Angola, Benguela, Mossamedes | 1486 | 809,400 | 2,000,000 | - |
Mosambik, Sofala | 1506 | 991,150 | 350,000 | - |
Zusammen: | - | 1,806,401 | 2,618,091 | - |
Spanien. | - | - | - | - |
Presidios in Marokko | 1580 | 378 | 12,170 | 1883 |
Kanarische Inseln | 1344 | 7272 | 300,874 | 1883 |
Guineainseln etc. | 1778 | 2203 | 31,071 | 1882 |
Zusammen: | - | 9853 | 344,115 | - |
Italien. | - | - | - | - |
Assabbai | 1880 | 632 | 1303 | 1884 |
Kolonien: | - | 3,582,435 | 11,036,681 | - |
Über die Kolonien Deutschlands s. Seite 169.
Von dem Gesamtareal Afrikas befindet sich noch weitaus der größte Teil (über 26 Mill. qkm) im Besitz barbarischer oder halbbarbarischer Völker, nur ein verhältnismäßig kleiner Teil (3,6 Mill. qkm) ist in den Besitz europäischer Kulturstaaten übergegangen. Zu dem erstern rechnen wir auch das der Hohen Pforte zu Konstantinopel tributäre Ägypten mit seinen ihm heute kaum noch angehörenden Provinzen des Südens: Kordofan, Dar Fur, den Äquatorialprovinzen u. a., sowie die türkischen Wilajets Tripolis und Barka nebst Fezzan;
der einzige selbständige Staat Nordafrikas ist jetzt nur noch Marokko, nachdem Algerien und Tunis in französischen Besitz übergegangen sind.
In der Sahara wohnen nomadisierende Stämme, die es zu einer Staatenbildung nicht bringen konnten. In dem dicht bevölkerten Sudân finden wir aber eine Reihe durch Berber, Neger oder Fulbe gegründeter Despotien von ansehnlichem Umfang; solche sind, von O. nach W. gezählt: Wadaï, Bagirmi, Bornu mit Kanem, Sokoto und Adamáua, Gando, Massina. An sie schließen sich westlich die Reiche Tombo und Mossi, südlich die Negerreiche Aschanti und Dahomé. An der Westküste ist in Liberia ein Staat freier Neger durch Nordamerika gegründet worden; im O. bildet Abessinien mit Schoa den einzigen christlichen Staat unter den vielen mohammedanischen und heidnischen Reichen. Im Congogebiet sind die Völker auf beiden Ufern des Stroms in zahlreiche kleine Staaten zersplittert; die Beschlüsse der Congokonferenz zu Berlin (Dezember 1884 bis Januar 1885) haben hier den Congostaat mit einem ungeheuern Gebiet geschaffen.
Südlich davon nehmen wieder eine Zahl einheimischer Staaten das Innere ein: das Reich des Muata Jamvo und des von diesem abhängigen Cazembe, Kasongos Reich, das Marutse-Mambundareich, das Matabelereich u. a. An der Ostküste und den davorgelegenen Inseln haben die Imame von Maskat das Sultanat Sansibar gestiftet. Die Regierung wird in allen diesen Staaten in mehr oder weniger despotischer Weise geführt, so daß in einigen derselben der Herrscher absoluter Herr über Leben und Eigentum seiner Unterthanen ist und diese Herrschaft zuweilen in rücksichtslosester und grausamster Weise geltend macht.
Eine Beschränkung erfährt dieser Despotismus freilich durch gewisse Gewohnheitsrechte, die selbst der eigenwilligste Tyrann nicht zu mißachten wagt. Wie in Nordafrika, so sind auch in dem zentralen Teil und bis hinunter zum Süden die meisten Reiche durch Eroberung entstanden; daher hat sich häufig infolge des Gegensatzes der Eroberer zu den Unterworfenen ein bevorzugter Stand und damit ein Feudalsystem ausgebildet, das sich jedoch nicht immer gleichmäßig über alle Teile eines Landes erstreckt, indem einige durch freiwillige Unterwerfung ihre ursprünglichen Rechte sich erhielten oder auch durch Vertrag einem Mächtigern sich anschlossen.
Bisweilen besteht die Abhängigkeit nur in einer Verpflichtung zur Heeresfolge, welche allen Freien des Staats obliegt. Sehr weitverbreitet finden wir das wahrscheinlich ursprüngliche, patriarchalische Regiment erblicher Häuptlinge, nicht nur in Stämmen, sogar in Dorfgemeinden, so daß ganze Landstriche am Nil, im Sudân, in Zentralafrika und weiter nach S. ohne größern staatlichen Verband leben. Doch hat zuweilen, wie bei den Hottentoten und den Lundavölkern, äußere Gefahr zu größeren Bundesgenossenschaften geführt. Bei den Hottentoten fand man meist Clanverfassung mit Gerichtsversammlungen der Freien, welche auch bei allen wichtigern Angelegenheiten neben dem Häuptling ein entscheidendes Wort zu sprechen haben. So ist Afrika zum sehr
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großen Teil in zahlreiche kleine Reiche und Gebiete zersplittert, wodurch seine Besetzung durch Europäer ungemein erleichtert wird. Daher konnte englische, französische, in allerjüngster Zeit auch deutsche Herrschaft sich ohne große Schwierigkeiten an den Küsten ausbreiten und im Innern aus vielen kleinen Bruchteilen ein großer Staat geschaffen werden. Von den afrikanischen Inseln bildet allein Madagaskar ein unabhängiges Reich, das in vollkommen despotischer, in neuerer Zeit durch europäische Einflüsse modifizierter Weise regiert wird.
Alle übrigen besitzenswerten großen Inseln sind europäische Kolonien der Portugiesen (Azoren, Madeira, Kapverdische Inseln), der Spanier (Kanarische Inseln, Fernando Po), der Engländer (St. Helena, Ascension, Seschellen, Mauritius, Sokotora) und der Franzosen (Mayotte, Nossi Bé, Réunion). Es läßt sich nicht voraussagen, wie weit sich von S. und N. aus europäische Bevölkerung, wenigstens europäischer Einfluß im Lauf der Zeit über Afrika ausdehnen wird; das läßt sich aber mit Sicherheit voraussehen: die afrikanischen Völker werden nicht alle dem Schicksal der Indianer Nordamerikas anheimfallen, ein großer Teil des Kontinents wird ihnen als von der Natur angewiesene und unbestrittene Heimat bleiben, von der das Klima den Europäer für immer verbannt.
Noch beschränkt sich der europäische Besitz auf dem Kontinent, mit Ausnahme französischer Eroberungen im Mittelmeer und der britischen Kolonien in Südafrika (Kapkolonie, Natal), wo auch die aus jenen Kolonien ausgewanderten holländischen Boers die Republiken Transvaal und Oranjefreistaat gegründet haben, fast durchweg auf den Küstenrand, seine Ausdehnung nach dem Innern zu ist außerordentlich unbestimmt. Selbst der Besitz der Küsten ist nicht endgültig festgestellt; England, Frankreich, namentlich aber Portugal erheben Ansprüche auf Strecken, die sie bisher in ihrem Besitzstand offiziell gar nicht aufführten.
Die Küstenlänge, welche die verschiedenen Staaten faktisch besitzen, beträgt für England 3220 km, für Frankreich (ohne Algerien und Tunis) 750, für Portugal 3360, für Spanien 70 und endlich für Deutschland, das erst 1884 hier Besitzungen erwarb, 1260 km (1050 km Damaland und Angra Pequena, 170 km Camerun, 40 km Sklavenküste). Für diese deutschen Besitzungen lassen sich Areal und Bevölkerung ziffermäßig noch nicht geben. Der Umfang des Kolonialbesitzes andrer Staaten wird aus der eben gegebenen Tabelle (S. 168) ersichtlich.
Entdeckungsgeschichte Afrikas.
(Hierzu die Karte der Forschungsreisen.) [* ]
Schon die Könige der alten Ägypter haben Züge nach den Negerländern Innerafrikas und nach dem Osthorn des Kontinents unternommen. Einer derselben, Necho, beauftragte 600 v. Chr. phönikische Schiffer, Afrika vom Roten Meer aus zu umsegeln, was ihnen auch gelang. Phöniker hatten übrigens schon in der Zeit von 1100 bis 950 an der Westküste Marokkos von Elmehassen bis zum Draa 300 Kolonien begründet, welche später von eingebornen afrikanischen Stämmen zerstört wurden, so zwar, daß ihre Positionen nicht mehr auffindbar sind.
Von Karthago aus unternahm es um 470 der ältere Hanno, mit einer Flotte die Westküste Afrikas zu beschiffen, und mag wohl bis über Sierra Leone hinaus vorgedrungen sein. Bei den Griechen finden sich autoptische Nachrichten über den Kontinent bei Herodot, der Ägypten bereiste, bei Eratosthenes, Hipparch, vor allen aber bei dem gelehrten alexandrinischen Bibliothekar Klaudios Ptolemäos, welcher weitgereiste Kaufleute ausforschte und das genaueste Bild von Afrika entwarf, welches das Altertum überhaupt besaß. Er stellte die Lehre von dem »Mondgebirge« auf und ließ von diesem den Nil herabrinnen, dessen Quellen sich zu den »Nilsümpfen« vereinigten, denen dann der wahre Nil entströmte.
Der Kontinent bog nach Ptolemäos' Ansicht an den Küsten nahe dem Äquator sowohl gegen W. als gegen O. ab, nach letzterer Richtung am Vorgebirge Prason. Ptolemäos' Lehre blieb bis in die jüngste Zeit bestehen, ja Oskar Peschel durfte sagen, die Geographie der Nilquellen habe man bis 1863 nur aus den Ptolemäischen Karten studieren können. Römische Heerführer zogen auf Karawanenpfaden durch die Sahara (Älius Gallus, Suetonius Paullinus, Septimius Flaccus, Cornelius Balbus, Julius Maternus), und Kaiser Nero entsandte einige Offiziere, die den Nil aufwärts bis in das Gebiet der Dinka- und Nuërneger vorgedrungen sein mögen.
Das Wissen der Alten von Afrika wurde ein Erbe der Araber, deren große Geographen es ansehnlich erweiterten, so Massûdî in seinem Werk »Die goldenen Wiesen« (947), Ibn Haukal (976), Obeid el Bekri, der 1067 die erste Geographie der Negerländer schrieb, Idrisi, der das arabische Wissen über Afrika auch kartographisch niederlegte, Ibn Chaldun, Ibn al Wardî, Abulfedâ (1273-1332), welcher auf astronomische Positionsbestimmungen besondern Wert legte, Bakui, der die Kaffern beschrieb, Leo Africanus (1492-1526), der große Reisen an die innerafrikanischen Höfe von Timbuktu und Bornu machte, Ibn Batûtâ, welcher nicht nur den Sudân, sondern auch die Küste von Sansibar persönlich bereiste, u. a. m. Einem See (Kuro) sollten nach arabischer Vorstellung mehrere Ströme entspringen, die sämtlich den Namen »Nil« erhielten.
Als Grenzland im Innern Afrikas wird eine Gegend Lamlam genannt. Den Kirchenvätern und Gelehrten des frühen Mittelalters galt Innerafrika als Wüstenei (terra inhabitabilis propter calorem) voller Untiere und menschlicher Mißgestalten (gignens dracones, homines sine auribus, monoculos). Sehr viel trugen zur Erkenntnis der wahren Verhältnisse Afrikas italienische Kaufleute im 13. und 14. Jahrh. bei, welche unter dem Schutz der Fürsten der Barbareskenstaaten ganz Nordafrika durchzogen, sogar bis Timbuktu vordrangen, das Nilthal und Abessinien bereisten und den heimatlichen Kartographen (Marino Sanuto, Giovanni Leardo, Fra Mauro u. a.) unschätzbares autoptisches Material lieferten.
Das Verdienst, die wahre Küstengestalt Afrikas festgestellt zu haben, gebührt den Portugiesen, deren Vorläufer in der Beschaffung atlantischer Räume italienische und normännische Seefahrer gewesen sind. Bereits im 14. Jahrh. hatten die Genuesen Madeira und die den Alten schon bekannten Kanarischen Inseln wieder aufgefunden; im 15. traten dann die Portugiesen ihre große Entdeckerlaufbahn an, angeregt von ihrem Infanten Heinrich dem Seefahrer (1416-60), der rastlos bemüht war, die Schiffahrt seines Landes zu heben, und dadurch der Schöpfer von Portugals Größe wurde. Ihre Expeditionen schritten zuerst schüchtern, dann immer beherzter am Westrand Afrikas nach S. vor. 1434 wurde Kap Bojador von ihnen glücklich umsegelt; 1442 sah Lissabon