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erhalten. Der niedere Adel aber hat heutzutage keine besondern Rechte mehr, man müßte denn den Anspruch auf die Prädikate »von« und »Hochwohlgeboren« und auf Führung des Familienwappens als »Rechte« auffassen. Ebenso wird die Vorschrift, daß nur Adlige gewisse Hofämter bekleiden können, schwerlich als ein wirkliches Recht derselben hingestellt werden können. Nur in Bayern [* 2] war dem niedern Adel bis in die neuere Zeit das Recht der Siegelmäßigkeit verblieben und durch die Verfassungsurkunde von 1818 garantiert. In eignen Rechtsgeschäften hatte die Fertigung der Siegelmäßigen soviel Kraft [* 3] wie die obrigkeitliche Protokollierung von Rechtsgeschäften unsiegelmäßiger Personen. Das sogen. Grundlagengesetz vom bestimmte jedoch, daß mit dem Erlaß eines Notariats- und Prozeßgesetzes die Siegelmäßigkeit als Vorrecht aufhören sollte. Demgemäß wurde dasselbe durch das Notariatsgesetz von 1861 und, soweit es noch in der streitigen Rechtspflege Wirkungen äußerte, durch das Einführungsgesetz zur Prozeßordnung von 1869 aufgehoben.
Die Stufenleiter der üblichen Prädikate (Titulaturen) ist zur Zeit folgende: Der einfache Edelmann bis zum Freiherrn aufwärts erhält das Prädikat »Hochwohlgeboren«, der Graf »Hochgeboren«;
die Häupter der standesherrlichen Grafenfamilien erhielten durch Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom das Prädikat »Erlaucht«;
die Häupter der vormals reichsständischen, jetzt standesherrlichen fürstlichen Familien erhielten durch Beschluß der Bundesversammlung vom den Titel »Durchlaucht«;
im Bereich der österreichisch-ungarischen Monarchie führen die sämtlichen Mitglieder solcher Familien, soweit in denselben die Fürstenwürde für alle Deszendenten erblich ist, das Prädikat »Durchlaucht«.
Die Häupter der übrigen fürstlichen Familie können den Titel »Durchlaucht« nur dann führen, wenn er ausdrücklich verliehen ist. Viele solcher Titularfürsten haben nur das Prädikat »Erlaucht«. Hinsichtlich der erbfolgenden Söhne bestehen keine festen Regeln; so führt z. B. der älteste Sohn des Fürsten Bismarck die Grafenwürde und den Titel »Hochgeboren«, der älteste Sohn, resp. Erbfolger des Fürsten Hatzfeld-Wildenburg (preußischer Fürst seit 1870) die Titel »Prinz« und »Fürstliche Gnaden«.
Die verschiedenen Klassen des niedern Adels.
Wie im vormaligen Deutschen Reiche, gibt es auch jetzt noch verschiedene Klassen des niedern Adels, jedoch ohne besondere praktische Bedeutung. In Österreich [* 4] bestehen noch die sechs alten Klassen des Reichs; in Bayern sind dagegen fünf Stufen angenommen: Fürsten, Grafen, Freiherren, Ritter und gewöhnliche Adlige mit dem Prädikat »von«;
in andern deutschen Staaten häufig drei: Grafen, Freiherren und gewöhnliche Adlige.
Das Aufrücken in eine höhere Adelsklasse und der Erwerb des Adels überhaupt von seiten eines Bürgerlichen erfolgen durch eine sogen. Standeserhöhung, d. h. durch Verleihung des Adels oder einer höhern Klasse desselben von einem Fürsten. Der Adel, welcher sich auf eine solche Standeserhöhung gründet, heißt Briefadel; die darüber ausgestellte Urkunde heißt Adelsdiplom oder Adelsbrief (s. d.). In Deutschland [* 5] kommen seit Kaiser Karl IV. Verleihungen des niedern und des hohen Adels vor, und das Recht dazu gehörte vormals zu den Reservatrechten des Kaisers, d. h. zu den Rechten, welche sich der Kaiser in allen deutschen Landen vorbehalten hatte.
Die mächtigern Einzelstaaten Deutschlands, [* 6] namentlich die weltlichen Kurstaaten, erkannten jedoch die kaiserlichen Adelsbriefe nur dann an, wenn seitens der Beliehenen die Bestätigung in aller Form nachgesucht wurde. Böhmische Unterthanen, welche von der Reichskanzlei eine Standeserhöhung erlangt hatten, mußten der königlich böhmischen Hofkanzlei die erforderliche Intimation machen. Übrigens hatten oder behaupteten zahlreiche Fürsten das Nobilitationsrecht.
Den Erzherzögen von Österreich wurde es 1453 von Kaiser Friedrich III. verliehen; die Kurfürsten von Bayern und der Pfalz übten dasselbe als »Erzpfalzgrafen« in umfangreicher Weise aus; die Kurfürsten von Brandenburg [* 7] nobilitierten als souveräne Herzöge von Preußen. [* 8] Die Herzöge von Lothringen erteilten schon seit dem 14. Jahrh. Adelsbriefe. Auch geistliche Fürsten, z. B. der Erzbischof von Salzburg, [* 9] die Bischöfe von Metz, [* 10] Toul, [* 11] Verdun, [* 12] waren berechtigt, den Adel zu verleihen. Endlich erhielten seit dem Anfang des 17. Jahrh. zahlreiche kleinere Fürsten und selbst Familien des niedern Adels, z. B. die Grafen von Schönborn, die Freiherren Paumgartner v. Hohenschwangau u. a., das Nobilitationsrecht auf Grund eines kaiserlichen Privilegiums, des Palatinats oder der Komitive (s. Pfalzgraf).
Gegenwärtig steht das Recht der Standeserhöhung jedem souveränen Fürsten zu, doch bedarf der Unterthan der Genehmigung des Landesherrn, um den Adel führen zu können, welcher ihm von einem fremden Monarchen verliehen ward. In Bayern, Württemberg [* 13] und Österreich werden nur die immatrikulierten Geschlechter (s. Adelsmatrikel) als adlig anerkannt. Der Adel wird bald als ein auf die ehelichen Nachkommen übergehendes Recht erteilt, bald nur an die Person des Beliehenen geknüpft (Personenadel). An diesen letzten schließt sich der Verdienstadel an, d. h. ein Personaladel, der von selbst mit einer Würde oder einem Amt verknüpft ist.
Zur Zeit des Deutschen Reichs hatten die Bischöfe und Erzbischöfe einen solchen persönlichen und zwar hohen Adel, während die Würde eines Doktors der Rechte die meisten Rechte des niedern Adels gab. Durch die Reichspolizeiordnung von 1530 wurden die Hofmeister, Kanzler, Marschälle und Räte eines Fürsten, auch wenn sie nicht von waren, hinsichtlich der Tracht denen von Adel gleichgestellt, worauf dann später die Beamten jener Rangklasse einen Anspruch auf alle Ehrenvorrechte des Adels gründeten.
Das Reichskammergericht in Wetzlar [* 14] behauptete einen Anspruch auf den erblichen Adel für jeden nichtadligen Inhaber einer Kammergerichts-Beisitzerstelle. Auch gegenwärtig kommt in einzelnen deutschen Staaten ein niederer Verdienstadel vor. So wurde in Österreich durch die noch jetzt in Kraft befindlichen Entschließungen vom und jenen Offizieren, welche 30 Jahre ununterbrochen in der Armee gedient, ein Anspruch auf taxfreie Erhebung in den Adelstand gewährt.
Durch Entschließung vom ist den Offizieren von Adel unter der gleichen Bedingung und gegen Entrichtung der halben Taxe (1575 Fl. österr. Währ.) der Freiherrenstand in Aussicht gestellt. Auch war der Anspruch auf Verleihung des Adels bis in die neueste Zeit mit verschiedenen Ordensdekorationen (z. B. dem Orden [* 15] der Eisernen Krone, dem Leopold-Orden, dem St. Stephans-Orden und dem Militär-Maria-Theresia-Orden) und zwar nach den Abstufungen derselben auch in verschiedenen Adelsgraden verbunden. Hierher gehört ferner der sogen. Transmissionsadel in Bayern. Derselbe ward durch königliche Verordnung vom für die ¶
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Ritter des Militär-Max-Joseph-Ordens und des Zivilverdienstordens der bayrischen Krone gestiftet, welchen nicht allein der persönliche Adel, sondern unter gewissen Bedingungen sogar die Vererbung desselben nach dem Erstgeburtsrecht gewährt wurde. Die Verfassungsurkunde von 1818 hob diese Institution auf (es bestehen aber noch einige solche Familien), setzte dagegen fest, daß jedes Mitglied der genannten Orden, dessen Vater und Großvater die gleiche Auszeichnung erworben hatten, Anspruch auf taxfreie Verleihung des erblichen Adels haben sollte.
Seitdem gewährt der Besitz der erwähnten Orden nur noch den persönlichen Adel Derselbe ist in Württemberg mit dem Kronenorden verbunden. In Preußen pflegt den Rittern des Schwarzen Adlerordens, wenn sie bürgerlichen Standes sind, ein Adelsdiplom verliehen zu werden. Eine andre Art, den Adel zu erwerben, ist die Verjährung, welche die Zahl der Adelsfamilien in Deutschland nicht unbeträchtlich vermehrt hat. Zu dem Verjährungsadel zählen solche Familien, welche nach einem unvordenklichen (ca. 100jährigen) unbestrittenen, wenn auch unberechtigten Gebrauch des Adelsprädikats die Adelsqualität erlangt haben.
Stellung des Adels im Ausland.
In Frankreich trat der Unterschied zwischen hohem und niederm Adel nicht so scharf hervor wie in Deutschland; doch rechnete man die Princes, Ducs, Marquis, auch einige Comtes und Vicomtes zum hohen, die übrigen Edelleute zum niedern Adel. Die Revolution hob in der Sitzung der Nationalversammlung vom alle Vorrechte des Adels und in der vom den Erbadel selbst auf. Napoleon I. jedoch krëierte durch Dekrete vom und einen neuen Erbadel, dotierte denselben reichlich und sicherte seinen Fortbestand durch Gewährung von Majoraten.
Aber erst nach der Restauration durfte der vom Hof
[* 17] sehr bevorzugte es wagen, die alten Vorrechte wieder geltend zu machen;
die Julirevolution steckte jedoch diesen Bestrebungen ein Ziel, und nach der Februarrevolution von 1848 sprach die provisorische
Regierung durch Dekret vom die Abschaffung aller frühern Adelstitel
aus. Seitdem ist der Adel nicht
förmlich restituiert worden. In Italien
[* 18] bildete sich der Adel ähnlich wie in Deutschland aus, doch fand dort das Majoratswesen
mehr Eingang.
Der Adel geht nur auf den ältesten Sohn über, welcher auch das Pairiegut ungeteilt erbt. Es gibt daher dort eine Menge kleiner Parzellen, deren Besitzer gewöhnlich den Titel Conte (Graf) oder Marchese (Marquis) führen. Größere Grundbesitzer sind im Neapolitanischen die Duchi und Principi, die aber, wie jene, keine wesentlichen Vorrechte vor dem Volk voraus haben. Im ehemaligen Kirchenstaat ist eine besondere Adelsklasse durch die Einverleibung von Geschlechtern in die Munizipalität entstanden, welche indes von öffentlichen Beratungen und sonstigen strengen Bedingungen abhing.
Außerdem wurde der Adel dadurch erteilt, daß der Papst einem Besitztum den Rang einer Baronie etc. beilegte oder einen nicht
auf den Besitz, sondern die Familie gegründeten Adelstitel
mittels Breve erteilte. Erworben wurde der Adel mit Genehmigung des
Landesherrn durch den Kauf eines Guts, mit dem ein Titel verbunden ist. Mißbräuchlich wurde die Zahl der
Conti durch die Vererbung des ehemals rein persönlichen Titels der Conti palatini sehr erweitert. Der persönliche Adel war mit
gewissen Ämtern und Würden verbunden, z. B. mit der Prälatur, den höhern Militärgraden, den obersten
Stellen bei den Regierungsbehörden, mit der Ordensritterschaft.
Ein Kardinal teilte seinem eignen Geschlecht
den Adel mit.
In Spanien
[* 19] gibt es hohen und niedern Adel. Jenen bilden die Granden (früher Ricos Combres, d. h. reiche Leute), deren es drei
Klassen gab, jede mit besondern Prärogativen, die aber unter der Herrschaft des Konstitutionalismus sämtlich beseitigt worden
sind, und die sogen. Titulados (Betitelte
), als Duques, Marqueses, Condes, Vicecondes und Barones, die alle
mit Grundbesitz ausgestattet sein müssen, welcher Majorat (mayorazgo) ist. Der niedere Adel besteht aus den Hidalgos (eigentlich
Higos d'algo, d. h. Söhne von etwas), deren Zahl sehr groß ist, da sich jeder für einen Hidalgo ausgeben darf,
welcher kein bürgerliches Gewerbe treibt.
Unter der republikanischen Regierung wurden durch Dekret vom die Adelstitel
abgeschafft. Ein weiteres Dekret vom stellte
indes alle frühern Titel wieder her und übertrug den Cortes das Recht, mit Rücksicht auf das öffentliche Interesse neue Adelstitel
zu verleihen. Endlich wurde nach der Restauration durch Dekret des Regentschaftsministeriums vom das
königliche Recht wiederhergestellt, Grandezas de España und Adelstitel zu verleihen. Ähnlich sind die Adelsverhältnisse
in Portugal, wo die Fidalgos die unterste Adelsklasse bilden.
Ganz eigentümlich haben sich die Adelsverhältnisse in England gestaltet. Die Gesamtheit des britischen hohen Adels, die Peerschaft, wird mit dem Namen Lords oder auch Barone bezeichnet, weil jeder, auch der Herzog, Lord oder Baron ist. Der Titel »Baron« kam mit den Normannen (1066) nach England und bezeichnete damals einen Kronvasallen, welcher im königlichen Hof- und Gerichtstag für seine Person Sitz und Stimme hatte. Der Titel Viscount (Vice-Comes) ist seit Heinrich VI. (1440) als Adelsbezeichnung gebräuchlich.
Diese Würde wurde in der Regel Baronen als Beförderung erteilt, dann aber häufig mit der Baronie verliehen. Heutigestags geschieht die Verleihung auch ohne Baronie. Die Würde des Grafen (Earl) war ursprünglich an den Besitz eines gewissen Landstrichs geknüpft; aber schon unter König Johann sind die Grafen nichts als die erste Klasse der Barone, ohne Grafenamt, ohne Grafschaft, wenn auch mit großem Grundbesitz. Alles Grundeigentum mußte die Lehnsherrlichkeit der normännischen Könige anerkennen und war nicht steuerfrei; nur von verschiedenen Gemeindediensten waren die Lords befreit.
Seit mehreren Jahrhunderten wurden die Grafen durch Urkunden (letters patent) krëiert, indem die Krone den Titel von einem Landbesitz, Dorf oder Familiennamen hernahm. Der Name Markgraf (Marquess, Marchio) bezeichnete eigentlich einen Grafen, der an den Grenzen [* 20] (von Schottland und Wales) befehligte; seit 1386 war er bloßer Ehrentitel. Marquisate wurden durch Urkunden erteilt. Die herzogliche Würde hat Eduard III. eingeführt, welcher 1337 seinen ältesten Sohn, den Schwarzen Prinzen, zum Duke (Herzog) von Cornwall ernannte.
Die Rechte dieses britischen hohen Adels bestehen im allgemeinen in folgendem: Die Peers sind vom Arrest wegen Schulden frei und können im Zivilprozeß nicht für gesetzlos erklärt werden, was in England bei andern Personen, die z. B. gerichtlichen Vorladungen nicht folgen, geschieht. Weder der Sheriff noch seine Unterbedienten dürfen das Haus eines Peers ohne königlichen, von sechs Geheimräten unterzeichneten Befehl durchsuchen, und nur wegen Kapitalvergehen oder solchen, wobei eine Bürgschaft für ferneres ruhiges Verhalten verlangt ¶