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nie in Massen beisammen. Die Woina Deka führt ihren Namen nach dem Weinstock, der bis 2500 m Höhe geht. Hier gedeihen zumal Ölpflanzen (Nuk und Lein), Hülsenfrüchte, Dakuscha, Tef, Mais, Weizen, Gerste [* 2] und andre Cerealien. Kaffee wird noch in der Kola gebaut, wächst aber hauptsächlich im südlichen Abessinien, seinem Heimatsland, zwischen 1800 und 2300 m Höhe. Die Ensetebanane wird noch höher hinauf angepflanzt; mit ihr steigt eine Phönixpalme bis 2400 m. Bignonien, Erythrinien, Loranthus und Orchideen [* 3] zieren diese Region mit reichem Blütenschmuck; in ihr gedeihen Myrten, Granaten, [* 4] Zitronen.
Auch die Kartoffel ist dort eingeführt. Reichtum, Mannigfaltigkeit, Fülle und Üppigkeit zeichnen die Woina Deka aus. Gehen ihr auch die Riesenformen der Adansonien und Kigelien des Tieflands ab, so finden wir hier andre, ihrem Typus nach echt tropische Gewächse, wie Kolkwal und Ensete, oft waldartig zusammengedrängt neben herrlichen blühenden Zwiebelgewächsen, Gladiolus, Hämanthus, Amaryllis etc. Den größten Teil des Landes nimmt die Deka ein; bis zu 3900 m gedeihen hier noch Gerste, Weizen, Einkorn, der bandwurmvertreibende Kusso (Brayera anthelmintica).
Ein baumartiges Hyperikum und die baumartige Heide bilden in 3500 m die Baumvegetation mit ihren zahlreichen Flechten. [* 5] In dieser Höhe beginnt die Region der merkwürdigen Gibarra (Rhynchopetalum montanum), einer Lobeliacee, die an der Grenze des Schnees plötzlich die Form der Palmen [* 6] vor Augen zaubert. Neben ihr blühen Alpenpflanzen; bis in die gleiche Höhe gehen baumartige Kugeldisteln (Echinops). Außer den schon erwähnten Getreide [* 7] und Ölfrüchten werden in Abessinien folgende Nutzpflanzen angebaut: die Ensetebanane, Rettiche, Senf, Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Kaffee, Indigo, [* 8] Tabak, [* 9] Baumwolle, [* 10] Wein, Pfirsiche, Mandeln etc. Reich ist das Land an medizinischen Pflanzen, namentlich an wurmtreibenden (Brayera, Bussena);
Celastrus dient gegen Wechselfieber;
Rizinus ist häufig.
Bambus, Rotang, Sykomoren, der Ölbaum, Akazien etc. liefern Nutzholz. - Kaum minder reich als die Pflanzenwelt ist die Tierwelt Abessiniens, ebensowohl durch Menge der Individuen als Mannigfaltigkeit der Arten. Zahlreich sind besonders die Pachydermen: Elefanten, die selbst auf dem Plateau bis zu einer Höhe von 2500 m hinausgehen, ein und zweihörnige Nashörner, Nilpferde, Büffel und wilde Schweine [* 11] bevölkern die Kola. Rindvieh, worunter eine Varietät, das Sangarind, durch kolossale Hörner ausgezeichnet ist, ernähren die wiesenreichen Striche des Hochlands in großer Menge; Kamele [* 12] finden sich aber nur in der Samhara und im Adâlland; Schafe, [* 13] zum Teil fettschwänzige, auch behaarte, werden besonders in der Provinz Begemeder, treffliche Pferde [* 14] und Maulesel auf den Hochebenen Nordabessiniens und in den Gallaebenen gezüchtet.
Giraffen bewohnen die sandigen südöstlichen Gegenden, Antilopen in Menge und in verschiedenen Arten Gebirge und Ebenen; mehr vereinzelt kommen wilde Ziegen vor. Raubtiere, [* 15] namentlich Schakale und Hyänen, werden oft zur Landplage. Löwen [* 16] schweifen in der Samhara und im Adâlgebiet, Panther und Leoparden, Luchse, wilde Katzen, [* 17] Füchse und Zibetkatzen (wichtig für den Handel der südabessinischen Länder) in Enarea und Kaffa umher. Affen [* 18] sind in verschiedenen Arten, darunter der herrliche schwarz und weiß gefärbte Guereza, der im Hochgebirge weilende Tscheladapavian, der Silberpavian oder Hamadryas, die Meersäugetiere im Dugong (Halicore tabernaculus) an der Dahlakgruppe im Roten Meer vertreten.
Als besondere Charaktertiere sind noch zu erwähnen: der Walgiéhund in den höchsten Gebirgen Semiéns, der Honigdachs oder das Ratel, das Erdferkel (Orycteropus), der abessinische Steinbock, das Nachtschwein (Nyctochoerus Hassama), der Klippschliefer (Hyrax). In außerordentlicher Menge sind Vögel [* 19] vorhanden, besonders Geier, Adler [* 20] und Falken, Guinea und Rebhühner, Nashornvögel und Strauße, letztere in den heißen, sandigen Landstrichen. Von Reptilien gibt es Krokodile [* 21] in Menge, jedoch nur in den größern wärmern Flüssen, und große Schlangen [* 22] in der Kola. Reich an Fischen ist der Tanasee; am Strande der Adulisbai lebt der froschlarvenartige merkwürdige Fisch Periophthalmus Koehlreuteri. Im Atbara kommt ein Wels vor, der Hausenblase liefert. Von Insekten [* 23] treten die Heuschrecken [* 24] und Termiten [* 25] oft als Landplage auf, und eine Fliege (Tsaltsalya) ist in der Regenperiode dem Vieh selbst tödlich. Schöne Mollusken, [* 26] auch Perlmuscheln und Austern bieten die Küsten des Roten Meers dar. - Von Mineralien [* 27] findet sich Gold [* 28] im N. in der Kola von Râs el Fil und in den Alluvionen am Mareb, im W. in den an Agaomeder angrenzenden Gegenden der Kola, im S. im Sande der Flüsse [* 29] von Damot, Kaffa und Gurague, in den Trachytgesteinen von Schoa. Eisen [* 30] ist besonders in Tigré und Schoa am Tschatschafluß verbreitet; Steinkohlen birgt der Ostrand des Plateaus von Schoa, Schwefel die Taltalebene bei Alaul, Salz [* 31] die flachen Striche des Adâllands.
[Bevölkerung.] [* 32] Die Bevölkerung von Abessinien ist sehr gemischt. Durch die Vielweiberei und den Sklavenhandel, welcher seit Jahrtausenden Frauen aus sehr verschiedenen Völkern ins Land gebracht hat, wurden die eigentlichen echten Typen vielfach verwischt, wie dadurch auch die Ausbildung eines festen nationalen Charakters mit scharfem Gepräge bei den einzelnen Völkerstämmen unmöglich geworden ist. Was man als eigentliche Abessinier (s. Tafel »Menschenrassen«) [* 33] oder Äthiopier bezeichnet, ist ein zur südlichen Familie der Semiten gehöriges, ursprünglich aus Arabien eingewandertes Volk, das infolge seiner höhern Anlage und Gesittung die Herrschaft an sich gebracht hat.
Viele Angehörige tragen noch das rein kaukasische Gesichtsgepräge und haben schlichtes, schwarzes Haar, [* 34] während die Hautfarbe wechselt; man hat Kinder Eines Vaters mit roter, olivengelber, brauner und schwarzer Hautfarbe, mit schlichten oder wollig gekräuselten Haaren. Als ausgestorbene, nur noch in den religiösen Büchern lebende Ursprache der Abessinier gilt die äthiopische oder das Geéz, das zur Zeit der Einführung des Christentums im Land gesprochen wurde. An seine Stelle traten (seit wann, ist unbekannt) zwei lebende Sprachen, die von den beiden Hauptstämmen der Abessinier heute geredet werden.
Das Amharische (Amhareña) wird in den südlich und westlich vom Takazzé gelegenen Landschaften, das Tigrische (Tigreña, Tigré) in den östlich davon gelegenen Gegenden gesprochen. Das Amharische hat mehr Fremdartiges angenommen als das Tigrische, aber es wurde zur Regierungssprache erhoben und reicht bis Harar im O. Das Tigrische hat im Dialekt von Gurague, einer südabessinischen Landschaft, eine Tochtersprache aufzuweisen. Wie sprachlich, so sind auch im Charakter die beiden Hauptstämme der Abessinier mannigfach geschieden, und diese Verschiedenheit hat auch Einfluß auf den ¶
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Gang [* 36] der Geschichte des Landes gehabt, indem die Bewohner Amharas und Tigrés sich häufig feindlich gegenüberstanden. Zwischen den eigentlichen Abessiniern hausen zerstreut eine Anzahl kleinerer, aber streng von ihnen geschiedener Stämme. Eine auffällige Erscheinung sind die Falascha oder abessinischen Juden, die früher sogar das Land zeitweilig beherrschten, jetzt auf einen kleinen Winkel [* 37] am nordöstlichen Ufer des Tanasees zusammengedrängt sind. Sie sind schwarz und geben an, von den Patriarchen abzustammen; sie sind von exemplarischer Sittenreinheit, fleißig, aber dem Handel abgeneigt.
Über ihre Herkunft schwebt Dunkelheit, jedenfalls weichen sie ethnisch ab von den eigentlichen Hebräern. Mit der Sprache [* 38] dieser Juden, die dem Agau (s. unten) am nächsten steht, stimmt jene der heidnischen Gamanten überein, die sich durch hohen Wuchs auszeichnen, Ackerbau und Viehzucht [* 39] treiben und über den Westen und Süden verbreitet sind. Ihre Verwandten sind die gleichfalls heidnischen Waito am Tanasee. Wahrscheinlich einen Teil der Urbevölkerung bilden die heidnischen, schlangenverehrenden Agau oder Agow im westlichen Abessinien (ihre Sprache bearbeitet von Halévy in den »Actes de la Société philologique«, Bd. 3, Par. 1873). Zu ihnen gehören die Tschertz in der Provinz Avergale.
Der Ausdruck Schangalla, der fälschlich oft für einen besondern abessinischen Volksstamm gebraucht wird, ist nur ein generischer, auf die umwohnenden Neger angewandter Name. Ganz verschieden von den Abessiniern sind noch die heidnischen Bazen oder Kunama am Mareb. Ohne jede Staatsordnung, ohne Familie, doch mit eigentümlichem Recht, lebt das negerartige Volk friedlich von Ackerbau und Viehzucht in seinen Hochthälern. Von großer Bedeutung sind die Galla geworden, welche sich in ihrer Heimat, südlich von Abessinien, weithin vom Meer bis ins äquatoriale Innere ausdehnen und die Zerrüttung des altabessinischen Reichs benutzt haben, um bis weit nach N. vorzudringen und sich wie ein Keil zwischen Schoa und Amhara und als Wollo-Galla sogar ins nördliche Hochland einzuschieben.
Sie sind ein streitbares und tapferes Volk, und es war ein Glück für die Beherrscher Abessiniens, daß die Galla von jeher in eine Menge kleiner Stämme zerfielen, denn einer vereinigten Kraft [* 40] dieser mutigen Völker hätten jene keinen dauernden Widerstand entgegenstellen können. Wie weit die Galla mit den Adâl oder Danakil in der Samhara verwandt sind, bleibt noch zu ermitteln. Diese letztern sind Nomaden und bekennen sich fast alle zum Islam, während von den Galla manche dem Islam, andre dem Christentum und wieder andre dem Heidentum angehören. Zu einher reichgegliederten Staatsbildung, zu einem wahren Kulturleben haben es auch die christlichen Abessinier nie zu bringen gewußt, und über eine halb despotische, halb feudale Verfassung sind sie nie hinausgekommen.
Der moralische Zustand der Abessinier wird von den Reisenden mit düstern Farben geschildert. Man beobachtete an ihnen einen Mangel an Regsamkeit, dann Arbeitsscheu und Zügellosigkeit. Eine gewisse Gastfreundschaft, die Achtung der Frau, Anhänglichkeit der Kinder an die Eltern, eine patriarchalische Behandlung der Dienenden sind die einzigen Tugenden dieses Volks. Die Ehe besteht oft nur dem Namen nach: beide Ehegatten leben in völliger Ungebundenheit. Der Mann arbeitet wenig oder nicht.
Handwerke kennt die christliche Bevölkerung nicht, das Gerben des Leders und das Weben [* 41] baumwollener Stoffe wird ausschließlich durch Mohammedaner betrieben. Die Speisen sind sehr einfach und bestehen für den Armen einzig und allein in Brot, [* 42] das in eine Pfefferbrühe getaucht wird. Der Reiche genießt außer Milch Honigwein, Fleisch von Hühnern, Schafen und Ziegen, welches gebraten, und von Ochsen, welches vielfach roh gegessen wird. Ein großes Stück Baumwollzeug (Schamma), in das man sich hüllt, ist für Männer und Frauen die Kleidung; die Frauen tragen außerdem ein grobes Hemd.
Eine Kopfbedeckung ist nur bei den Priestern gebräuchlich. Die geistige Kultur steht auf sehr niedriger Stufe. Die alte Litteratur Äthiopiens (s. Äthiopische Sprache etc.) ist längst verfallen; Lesen und Schreiben, in amharischer Sprache, ist ein Privilegium der höhern Klassen, namentlich der Geistlichkeit, geworden. Durch die Bemühungen deutscher Missionäre, besonders Isenbergs, sind in London [* 43] mehrere Bücher, darunter eine vollständige Bibel, [* 44] in amharischer Sprache gedruckt worden.
Unter den Künsten wird nur eine rohe Art Malerei geübt, die Musik ist äußerst einfach und erhebt sich kaum über jene der Neger. Die meisten Wohnungen sind kleine, schmutzige Strohhütten, umgeben von einer hohen Dorneneinzäunung; nur wenige Häuser haben eine gewöhnlich kreisförmige Steinmauer als Grundlage sowie ein festes konisches Strohdach, das in der Mitte auf einem Hauptpfeiler ruht und außerdem von einer kreisförmig gestellten Reihe hölzerner Stützen getragen wird.
Gegenwärtiger Herrscher des Landes ist Johannes, der den Titel »Negus Negesti« (d. h. König der Könige) führt und sich besonders durch die gegen Ägypten [* 45] glücklich geführten Kriege (1875 und 1876) vollkommene Anerkennung in ganz Abessinien errungen hat (s. unten). Er residiert zu Debra Tabor.
Die herrschende Religion in Abessinien ist das monophysitische Christentum. Die Ausbreitung desselben in Abessinien begann nach griechischen Kirchenschriftstellern um 330 durch Frumentius und Ädesius, zwei gefangene Christenjünglinge, welche in Axum eine Gemeinde gründeten. Frumentius erbat sich darauf von Athanasius, dem Patriarchen von Alexandria, Priester für Abessinien und wurde selbst zum Bischof geweiht. Er ist ohne Zweifel identisch mit Abba Salama, in welchem die einheimische Tradition den ersten Patriarchen Abessiniens verehrt.
Die alexandrinischen Patriarchen pflegten seitdem regelmäßig den Patriarchen oder Abuna (»unser Vater«) der abessinischen oder äthiopischen Kirche zu weihen, gestanden ihm aber nur den Rang, nicht die Gewalt eines Patriarchen zu. Die fernern Pfleger der abessinischen Kirche waren ägyptische Mönche, welche das ganze Mönchswesen in Abessinien einführten und Felskirchen und Einsiedeleien gründeten. Als 451 die Synode von Chalkedon den Patriarchen Dioskoros von Alexandria als Eutychianer verdammte, wodurch die Partei der Monophysiten oder Jakobiten (nach dem Syrer Jakob Baradai) entstand, harrte die abessinische Kirche bei ihrem Patriarchen aus, und der jakobitische oder koptische Patriarch von Alexandria weihte fortan den Abuna. Aber erst im Lauf des Mittelalters rotteten die Könige das Heidentum in Abessinien völlig aus. Die Kirche war und blieb während dieser Zeit die Trägerin der Kultur und litterarischen Thätigkeit, um erst seit dem 16. Jahrh. an dem Verfall des Reichs teilzunehmen. Seither ist das abessinische Christentum je länger je mehr zum leeren Zeremonien und Zauberwesen ¶