Thronfolgeordnung umzustürzen. Während er die Hilfskräfte des
Staats vergeudete und sich 1875 vom russischen
Botschafter
Ignatiew sogar verleiten ließ, den
Staatsbankrott zu erklären, lockerte
er denVerband
[* 2] der
Provinzen und ließ die russischen
Agitationen gewähren, die 1875 zu
Aufständen in
Bosnien,
[* 3] der
Herzegowina und
Bulgarien
[* 4] führten. Das langmütige
Volk geriet
endlich über das gewissenlose Verhalten des
Sultans und seines Günstlings in solche Erbitterung, daß es zu einem
von den
Softas geleiteten
Aufstand in
Konstantinopel
[* 5] gegen
Mahmud Nedim kam. Abd ul Asis entließ denselben, wurde aber,
da man an seiner
Aufrichtigkeit, ja an seiner geistigen Fähigkeit überhaupt zweifelte, in derNacht vom 29. zum von
den neuen Würdenträgern
Hussein Avni,
Midhat,
Mehemed Rüschdi,
Suleiman u. a. zurAbdankung gezwungen und 4. Juni auf deren Befehl
im
Palast Tscheragan ermordet. Man gab vor, er habe sich mit einer
Schere
[* 6] selbst die
Pulsader aufgeschnitten. Im J. 1881 aber
wurden die noch lebenden
PaschasMidhat, Nuri und
Mahmud wegen der Ermordung A'. zum
Tod verurteilt, jedoch
nicht hingerichtet.
Vgl. Azam,L'avénement d'A. (Par. 1861);
Millingen
(Osman Seify Bei), La Turquie sous le règne d'A.
(Brüss. 1868).
ulHamid, 1) Abd ul Hamid I., 27.
Sultan der
Osmanen, geb. Sohn
Achmeds III., folgte seinem
BruderMustafa III., nachdem er 43 Jahre in enger Kerkerhaft geschmachtet hatte. Er war daher gänzlich unwissend und überdies
charakterschwach, dennoch aber dünkelhaft und über seine Macht verblendet. Er fand das hinfällige
Reich in der größten
Verwirrung. Die
Statthalter der entlegenen
Provinzen, wie
Syrien,
Ägypten,
[* 7]
Georgien, waren fast unabhängig,
und mit Rußland war die
Pforte in einen unglücklichen
Krieg verwickelt. Abd ul Hamid war nicht fähig, dem
Reich aufzuhelfen.
Der am zu
Kütschük Kainardschi abgeschlossene
Friede verschaffte Rußland bedeutende Gebietserweiterungen am
SchwarzenMeer. Die
Krim,
[* 8] für unabhängig erklärt, wurde 1783 von Rußland genommen, und die
Pforte mußte es 1784 in
dem
Besitz derselben bestätigen. Auch mehrere
Paschas empörten sich, doch wurdeScheichDaher in
Syrien besiegt und getötet
und der Mameluckenbei in
Ägypten zurAnerkennung der türkischen
Oberhoheit genötigt. Nachdem sich
Österreich
[* 9] und Rußland
eng verbunden hatten, erklärte Abd ul Hamid 1787, der sein
Heer durch französische
Offiziere hatte reorganisieren
lassen, an letzteres den
Krieg, welcher mit der
Niederlage der türkischen
Flotte auf der
Höhe von
Kinburn und der
Eroberung von
Otschakow durch
Potemkin für die türkischen
Waffen
[* 10] sehr unglücklich begann. So groß wurde die Verlegenheit
der
Pforte, daß Abd ul Hamid das
Silber seiner
Unterthanen als
Kriegssteuer forderte. Mitten unter den Zurüstungen
zu dem neu zu eröffnenden
Feldzug starb er, schon seit längerer Zeit geistig und körperlich herabgekommen, Sein
Nachfolger war sein
NeffeSelim III.
2) Abd ul Hamid II., der 34. türk.
Sultan, zweiter Sohn
Abd ul Medschids, geb. ward nachdem sein älterer
Bruder,
SultanMuradV., als wahnsinnig abgesetzt worden, auf den
Thron
[* 11] erhoben. Er stand anfangs ganz unter dem Einfluß der von
Midhat Pascha
geleiteten türkischen Reformpartei, gab 23. Dez. dem osmanischen
Reich eine konstitutionelle
Verfassung und
lehnte die Einmischung der
Konferenz der Großmächte zu
Konstantinopel in die türkischen Verhältnisse ab. Nach
Midhats
plötzlicher
Entlassung
(Februar 1877), dessen Eigenmächtigkeit ihm lästig war, verfiel Abd ul Hamid aber trotz guten
Willens in den Fehler seiner
Vorgänger, die
Regierung nicht nach festen
Grundsätzen und planmäßig mit Einsicht und
Ausdauer, sondern
nach
Laune oder den
Eingebungen allmächtiger Günstlinge, wie seines
SchwagersMahmud Damat
Pascha, zu leiten.
Die
Folgen waren während des
Kriegs mit Rußland (1877-78) öfterer
Wechsel derFeldherren und des
Kriegsplans und willkürliches
Eingreifen des
Palastes in die Kriegsoperationen, nach dem unglücklichen Ende desselben aber fortwährendes
Schwanken in der
Politik und wiederholter Ministerwechsel, wodurch die
Schwäche der Türkei
[* 12] nach außen vermehrt und weitere
Verluste außer den im
Berliner
[* 13]
Frieden ihr auferlegten Abtretungen verursacht, im Innern die Finanznot und die Zerrüttung
aufs höchste gesteigert wurden.
Inzwischen aber war es Abd ul Hamid gelungen, sich von dem Einfluß der Günstlinge zu befreien
und die
Zügel der
Regierung mit fester
Hand
[* 14] zu ergreifen, nachdem er sich durch eisernen Fleiß die nötigen Kenntnisse in
den Staatsgeschäften angeeignet hatte. Mit
Hilfe deutscher Beamten begann er 1881 die
Reform der
Finanzen und nahm besonders
die Leitung der auswärtigen
Politik in die
Hand, um seinen Einfluß als
Kalif in
Asien
[* 15] und
Afrika
[* 16] zu vergrößern
und auszubreiten. Dabei erlitt er freilich 1882 in
Ägypten eine
Niederlage. Doch gelang es ihm, die
Bedingungen des
BerlinerFriedens allmählich zu erfüllen.
Chan,Fürst von
Bochara (s. d.) und der größte unter allen Herrschern des
Hauses Scheibani,
Sohn Iskender
Chans, geb. 1533, trat im 24. Lebensjahr eben in jener Zeit auf, als
Transoxanien teils durch innere Wirren,
teils durch die Einfälle der
Nomaden aus dem
Norden
[* 18] mit jeglichem
Elend heimgesucht war.
Seiner seltenen
Energie, seinen militärischen
Talenten und seiner Regententüchtigkeit gelang es, nicht nur die
Ruhe im Innern des
Landes herzustellen, sondern auch seine
Eroberungen weit über den
Oxus auszudehnen. Er verleibte
Balch und
Badachschan aufs neue
Transoxanien ein, und
¶
mehr
die damaligen Parteikriege zwischen dem emporstrebenden SchahAbbas und seinen Rivalen in Persien
[* 20] benutzend, riß er Herat und
Merw an sich, plünderte Meschhed und das reiche GrabImam Rizas und unterwarf auf einige Zeit sogar Masenderan seinem Zepter.
Bochara und ganz Mittelasien erfreuten sich unter seiner Herrschaft der innern Ruhe; Handel und Industrie
genossen seinen besondern Schutz. Er errichtete zahlreiche Kollegien und Moscheen, gründete Karawanseraien, Spitäler und sonstige
zum allgemeinen Wohl bestimmte Gebäude. Mit dem türkischen SultanMurad III. suchte er die aufkeimende Macht der Sefiden zu
vernichten. Abdullah starb 1597 als letzter der Scheibaniden. Sein einziger Sohn und Nachfolger, Abd ul Mumen,
hatte sich kurz vor seinem Tod gegen ihn empört, und Abdullah mußte ihn zu wiederholten Malen mit bewaffneter Macht unterwerfen.