Der RegierungsbezirkAachen (s.
Karte
»Rheinprovinz«)
[* 8] umfaßt 4154 qkm (75,43 QM.) mit (1880)
524,097 Einw. (126 auf 1 qkm) und zerfällt in die elf
Kreise:
[* 9]
(Muraenoidei),
Familie der
Knochenfische aus der Unterabteilung der kahlbäuchigen
Edelfische
(Physostomiapodes),
daher ohne Bauchflossen und mit einer
Schwimmblase mit Ausführungsgang. Sie haben einen schlangenförmigen
Körper, sind meist sehr ansehnlich und leben als Raubfische im
Meer und in den
Flüssen.
IhreHaut
[* 18] ist nackt oder enthält sehr
kleine
Schuppen. Die Fortpflanzungsverhältnisse sind noch nicht bei allen
Aalen genau bekannt. Wichtig sind der Flußaal,
die
Muräne (s. d.) und der
Meeraal.
Gewisse sehr durchsichtige und zarteFische,
[* 19] die
Glas- oderWurmfische (Helmichthyoidea), werden von einigen
Forschern für die Jugendformen von
Meeraalen erklärt, so z. B.
LeptocephalusMorrisii für den jungen
Congervulgaris. Zu
der
GattungAal
(AnguillaThunb.) mit schlangenartig gestrecktem
Körper, sehr engen Kiemenspalten, Samtzähnen und unmittelbar
in die Schwanzflosse übergehender
Rücken- und Afterflosse gehört dergemeineFlußaal (Aale vulgaris.Flem. s. Tafel
»Fische I«),
[* 20]
bis 6 kg schwer und 1,25 m lang, mit bis zum
After cylindrischem, von da bis zur Schwanzspitze seitlich
zusammengedrücktem
Körper, vorstehendem
Unterkiefer, kleinen
Augen, kurzen, länglich eiförmigen Brustflossen und länglichen,
äußerst zarten
Schuppen, welche sich nicht decken und in der schleimigen
Haut in zweierlei
Richtungen
derartig angeordnet liegen, daß viele Zickzacklinien entstehen. Die Färbung ist dunkelgrün, blauschwarz oder graugelb,
am
Bauch
[* 21] stets heller. Er lebt in tiefem
Wasser mit schlammigem
Grund, besonders in
Brackwasser und
Lagunen, ist über ganz
Europa
[* 22] verbreitet, fehlt aber in allen
Flüssen welche mittelbar oder unmittelbar ins
Kaspische oder
Schwarze Meer
münden. Er ist sehr wanderlustig doch beruht der schon seit
Albertus Magnus verbreitete
Glaube, daß er nachts aufs Land gehe,
um
Schnecken
[* 23] und Gewürm, wohl gar
Erbsen zu fressen, auf Mißverständnis oder
Verwechselung. Er ist durch sein enges
Maul auf
Würmer,
[* 24] kleine Kruster und
Fische beschränkt, überfällt aber auch
Frösche
[* 25] und soll selbst
Aas nicht
verschmähen. Im
Winter hält er, im Schlamm verborgen,
Winterschlaf.
Hat der
Aal ein gewisses
Alter erreicht, so wandert er vom
Oktober bis
Dezember, hauptsächlich in stürmischen, finstere
Nächten,
ins
Meer. Diese ausziehenden und noch nicht geschlechtsreifen Aale kehren nicht zurück, aber
junge
Brut von 5 bis 9
cmLänge steigt bereits im April und Mai, große Hindernisse überwindend, über
Schleusen, kleinere
Wehre und an
Felsen emporkletternd, in großen
Scharen in die
Flüsse,
[* 26] um hier jahrelang bis zu einer gewissen
Stufe der
Entwickelung
zu verharren. Diese einwandernden Aale sind zum bei weitem größten Teil Weibchen, während die
kleiner bleibenden Männchen das
Meer nie verlassen.
Letztere unterscheiden sich von den stumpf stahlgrauen
¶
mehr
Weibchen durch einen auffallend bronzeartigen Metallglanz. AndreForscher nehmen an, daß die geschlechtlich ausgebildeten
Aale überhaupt nicht in die Flüsse steigen, sondern beständig im Meer bleiben, und daß die in das Süßwasser übergesiedelten
Aale nur verkümmerte Weibchen sind. Derartige sterile Formen findet man übrigens auch in andern Fischfamilien. Um das
Verarmen der Flüsse an Aalen durch die Anlage neuer Mühlen
[* 28] zu verhüten, baut man Aalbrutleitern, d. h. aus rohen Brettern
zusammengenagelte Rinnen, welche mit einer Neigung von 1:5 bis 1:8 aus dem Oberwasser in das Unterwasser der Mühle reichen.
Die Rinnen sind mit niedrigen Querleisten benagelt, um das Abrutschen von Kies und kleinen Steinen, mit
welchen man den Boden bedeckt, zu verhindern, und so gelagert, daß nur wenig Wasser durch sie herabfließt. Diese Vorrichtungen
werden von der aufsteigenden Aalbrut bereitwillig benutzt, welche an großen Wehren ein unübersteigliches Hindernis finden
würde. Auf die Lebensweise der Aale gründen sich der Aalfang und die Aalzucht, wie sie an manchen
Orten im größten Maßstab
[* 29] betrieben werden. Am vollkommensten entwickelt sind die Anlagen in den Lagunen von Comacchio zwischen
den Mündungen des Po di Volano und des Po di Primaro und am Orbitellosee.
Ein sehr ausgebildetes System von Schleusen und Kanälen wird dort im Frühjahr der einziehenden jungen
Aalbrut geöffnet und begünstigt vom August bis Dezember den Fang der erwachsenen, 5-6 Jahre alten Aale, welche sich zur Auswanderung
anschicken. Die jährliche Ernte
[* 30] in Comacchio kann auf 1 Mill. kg veranschlagt werden. Man fängt den Aal mit Netzen und Reusen,
seltener mit der Angel und tötet ihn am besten durch Abtrennen des Kopfes. Die sehr lange anhaltende Reflexthätigkeit
des Rückenmarks, infolge deren sich die Stücke des toten Aals lebhaft winden, wird sofort beendigt, wenn man eine Stricknadel
in das Rückgrat stößt.
Sehr viele Aale fängt man inSchleswig-Holstein
[* 31] und in den Ostseeprovinzen, die meisten aber in Holland, von
wo England und besonders London
[* 32] versehen werden. Zwei Gesellschaften, von denen jede fünf Schiffe
[* 33] besitzt, führen mit jeder
Reise 8-10,000 kg lebende Aale ein. Die vorzüglichen Präparate der Küche von Comacchio kommen zum Teil auch nach Deutschland.
[* 34] Das fettreiche Aalfleisch ist überall frisch, geräuchert und eingemacht eine beliebte Speise, namentlich
waren die angelsächsischen Stämme von jeher Liebhaber desselben; Verwilligungen und Freibriefe wurden oft durch Zahlungen in
Aalen geregelt. Die Klöster begünstigten die Anlage von Aalteichen, und diesseit wie jenseit des Kanals zeugen zahlreiche
Namen von der frühern Ergiebigkeit des Aalfangs (Ellesmore, Elfinger Hof
[* 35] etc.).
Vgl. Coste, Voyaged'explorationsurle littoral de laFranceet de l'Italie (2. Aufl., Par. 1861).