Übersättigte Lösungen
4 Wörter, 38 Zeichen
Übersättigte
die Vereinigung eines starren, flüssigen oder gasförmigen Körpers mit einem flüssigen zu einem homogenen Ganzen, auch dieses letztere selbst. Charakteristisch für die ist, daß bei ihrer Bildung kein chemischer Prozeß verläuft, und daß mithin der gelöste Stoff mit allen seinen Eigenschaften unverändert wieder erhalten werden kann, sobald man ihm das Lösungsmittel entzieht. So gibt Zucker [* 3] mit Wasser eine vollkommene und wenn aus derselben das Wasser an der Luft, schneller beim Erhitzen, verdampft, so bleibt unveränderter Zucker zurück.
Dagegen gibt Eisen [* 4] beim Übergießen mit Schwefelsäure [* 5] zwar auch eine aber das dabei unter Brausen entweichende Gas deutet schon auf einen chemischen Prozeß hin, und in der That entsteht hier zunächst schwefelsaures Eisenoxydul, und dieses Salz, [* 6] nicht das Eisen, löst sich in dem Wasser, mit welchem die Schwefelsäure verdünnt war, und bleibt beim Verdampfen desselben zurück. Um starre Körper schnell zu lösen, muß man sie pulvern und womöglich dicht unter der Oberfläche des Lösungsmittels anbringen.
Liegt das Pulver am Boden des Gefäßes, so entsteht hier eine starke Lösung, die sich nicht mit dem übrigen Lösungsmittel mischt und bald das Vermögen verliert, noch mehr von dem starren Körper zu lösen. Die gewöhnlichsten Lösungsmittel sind: Wasser, Alkohol und Äther, dann Benzin, Schwefelkohlenstoff, Chloroform. Wärme [* 7] beschleunigt im allgemeinen die und meist nimmt ein Lösungsmittel bei höherer Temperatur größere Mengen löslicher Körper auf als bei niederer.
Für jeden Temperaturgrad ist die Löslichkeit der Körper eine ganz konstante; eine Lösung, welche von einem Körper so viel gelöst enthält, wie sie bei der betreffenden Temperatur gelöst enthalten kann, heißt gesättigt. Wird eine gesättigte Lösung erwärmt, so vermag sie von demselben Körper abermals etwas zu lösen; wird sie aber abgekühlt, so scheidet sich ein der Abkühlung entsprechender Teil des gelösten Körpers, oft in Kristallen, aus, und die ist dann nur noch für diese niedere Temperatur gesättigt. Nicht bei allen Körpern wächst die Löslichkeit gleichmäßig mit der Temperatur, und manche sind in der Kälte löslicher als in der Wärme. Wie Temperaturschwankungen, wirken auf die Löslichkeit auch Zusätze ¶
andrer Substanzen. Salze, die in Alkohol weniger löslich sind als in Wasser, werden aus ihrer wässerigen Lösung durch Alkohol gefällt. Die Löslichkeit des salpetersauren Natrons in Wasser wird verringert durch Gegenwart von Kochsalz, die des salpetersauren Bleies wird erhöht durch Gegenwart von salpetersaurem Kali. Einer Lösung kann der gelöste Körper durch Schütteln mit einer andern Flüssigkeit, in welcher er leichter löslich ist, größtenteils entzogen werden. So gehen Alkaloide aus wässeriger Lösung beim Schütteln mit Benzin, Amylalkohol etc. in letztere über, und wenige Tropfen Schwefelkohlenstoff entziehen großen Quantitäten Wasser Spuren von gelöstem Jod.
Häufig verläuft bei der Auflösung eines Körpers insofern ein chemischer Prozeß, als sich eine Verbindung des sich lösenden Körpers mit dem Lösungsmittel bildet. Löst man z. B. gewisse wasserfreie Salze in Wasser, so muß man in der Lösung diejenige Verbindung des Salzes mit Wasser als vorhanden annehmen, welche beim Verdampfen des Lösungsmittels kristallisiert. In solchen Fällen wird bei Auflösung in der Regel Wärme frei, während in den Fällen, in welchen sich keine chemische Verbindung bildet, meist viel Wärme gebunden wird, also oft eine bedeutende Temperaturerniedrigung stattfindet (s. Kältemischungen).
Lösungen
starrer Körper in Wasser sind stets spezifisch schwerer als reines Wasser, doch bewirken gleiche Gewichtsmengen verschiedener
Körper bei der Lösung in gleich viel Wasser nicht die gleiche Erhöhung des spezifischen Gewichts. Zum Teil
hängt dies mit Volumveränderungen zusammen, denn häufig findet bei der Lösung Verdichtung statt, seltener, z. B. beim Zucker,
starke Volumvergrößerung. Die Lösungen
besitzen einen je nach der Natur und Menge der gelösten Substanz ungleich erhöhten
Siedepunkt. Die folgende Tabelle enthält die Siedepunkte einiger gesättigten Lösungen:
Name der Lösungen | Siedepunkte | Quantität des Salzes, welche 100 Teile Wasser sättigt |
---|---|---|
Kohlensaures Natron | 104.6 | 48.5 |
Chorkalium ^[richtig: Chlorkalium] | 108.3 | 59.1 |
Chlornatrium | 108.4 | 41.2 |
Chlorammonium | 114.2 | 88.9 |
Salpetersaures Kali | 115.9 | 335.1 |
Salpetersaures Natron | 121.0 | 224.8 |
Kohlensaures Kali | 133.0 | 205.0 |
Chlorcalcium | 179.5 | 325.0 |
Manche Salze (schwefelsaures, kohlensaures, essigsaures, unterschwefligsaures Natron, Bittersalz, Chlorcalcium)
bilden übersättigte Lösungen
, d. h. gesättigte Lösungen
können in vollkommener Ruhe, bei Abschluß der Luft oder unter
einem lockern Pfropfen
[* 9] von Baumwolle
[* 10] unter die Temperatur erkalten, bei welcher sich ein Teil des gelösten Körpers ausscheiden
sollte, ohne daß dies stattfindet; wenn aber die so entstandene übersättigte
Lösung mit der
Luft in Berührung kommt, umgegossen wird oder mit einem vorher nicht erhitzten Körper, besonders mit einem Kristall des gelösten
Stoffes, berührt wird, so gibt sie plötzlich eine reiche Kristallisation oder erstarrt auch wohl zu einem Kristallbrei.