Über
Heer und Flotte s. Griechisches Heerwesen.
Über Heer
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Über
Heer und Flotte s. Griechisches Heerwesen.
Heerwesen. I. Landheer.
Die heutigen Einrichtungen beruhen auf dem Wehrgesetz vom das dem
Frankreichs nachgebildet worden ist. Demnach ist jeder griech. Unterthan vom 21. bis 51. Jahre wehrpflichtig. Stellvertretung
ist nicht möglich, eine Befreiung vom Dienste
[* 3] kann niemals endgültig sein. Nach den auf Grund der Gemeinderegister geführten
Konskriptionslisten werden in den einzelnen Nomen (Distrikten) jährliche Verzeichnisse der zur Stellung
Kommenden angefertigt. In jedem Nomos besorgen Stellungskommissionen unter Leitung eines höhern Offiziers die Losziehung
der Stellungspflichtigen, die Feststellung ihrer Tauglichkeit und die Zuteilung derselben zu den verschiedenen Waffengattungen.
Die Dienstzeit beträgt 2 Jahre im stehenden Heere für alle Waffengattungen, in der Reserve der Infanterie und Artillerie 10 und in der Kavallerie 8 Jahre, in der Landwehr 8 (bei der Kavallerie 10) und in der Reserve der Nationalgarde 10 Jahre. Die vom Dienste im Frieden Befreiten dienen 12 Jahre in der Reserve. Das Dienstjahr beginnt in der Regel mit dem 1. Okt. Die im 2. Dienstjahre stehenden Gefreiten und Mannschaften werden am 1. oder 16. Juni zur Reserve beurlaubt, die Unteroffiziere der Kavallerie nur, wenn sie sich zum Weiterdienen verpflichten.
Die Reservisten werden in den Büchern ihrer Truppenteile weiter geführt und können im 4. und 8. Jahre zu einer 40tägigen Übung einberufen werden. Die Landwehr ist nach Distrikten organisiert und darf nur im Kriegsfalle, ihre Reserve nur bei einem feindlichen Einfalle mobilisiert werden. Die der Landwehr Angehörigen werden im 4. und 8. Jahre zu 15tägiger Übung einberufen. Freiwillig Eintretende müssen tauglich und unbescholten sein und die Zustimmung der Eltern oder des Vormunds besitzen; dieselben müssen sich bei der Infanterie zu 1–4jähriger, bei den Specialwaffen und der Musik zu 2–6jähriger und bei der Gendarmerie zu 3–4jähriger Dienstzeit verpflichten.
Absolvierte Hörer einer Universität oder technischen Hochschule sowie die mit Maturitätszeugnis versehenen Gymnasiasten können mit Unteroffiziersrang freiwillig dienen und sich den Truppenteil (Infanterie, Kavallerie, Artillerie) wählen. Jeder Soldat, der 10 Jahre aktiv und hiervon mindestens 4 Jahre als Unteroffizier gedient hat, erhält bei der Entlassung ein Certifikat zur Anstellung in durch Gesetz bestimmten Zweigen des öffentlichen Dienstes. Die vom Militärdienst Befreiten oder Ausgeschlossenen haben eine jährliche Taxe von 100 Drachmen, die wegen geringer Fehler ¶
Befreiten die Hälfte zu zahlen, die zum Erwerben des Lebensunterhalts körperlich und geistig Untauglichen sind gänzlich
frei. Oberster Kriegsherr des Landheers
und der Flotte ist der König. Höchste Behörde des erstern ist das Kriegsministerium,
bestehend aus dem Bureau des Generalstabes und 10 Verwaltungsabteilungen. Der Armee-Inspektion liegt die Sorge für die
kriegsmäßige Ausbildung der Truppen ob.
Die Armee hat im Frieden 3 Generalkommandos (Larissa, Mesolongion, Athen), [* 5] die im Kriege ebensoviel Korpskommandos bilden sollen.
Die Territorialausdehnung der Generalkommandos ist folgende: das 1. umfaßt die Nomen Larissa, Trikala, Phthiodidophokis;
das 2. Achaïoelis, Ätoloakarnanien, Arta, Zante, Kephallenia, Korfu; [* 6]
das 3. Attika-Böotien, Euböa, Arkadien, Messenien, Argolidokorinth, Lakonien und die Cykladen.
Es bestehen (1892) im Frieden 10 Infanterieregimenter zu 3 Bataillonen (à 4 Compagnien), zusammen 789 Offiziere, 91 Fähnriche, 1281 Unteroffiziere, 407 Spielleute, 13226 Mannschaften, 53 Pferde, [* 7] 114 Maultiere, 8 Jäger-(Evzonen-)Bataillone (Nr. 1–4, 6–9) zu 4 Compagnien, zusammen 208 Offiziere, 37 Fähnriche, 444 Unteroffiziere, 30 Hornisten, 2314 Gefreite und Mannschaften, 13 Pferde und 40 Maultiere; ferner 3 Kavallerieregimenter zu 4 Eskadrons (à 128 Mann und 100 Pferde vorgeschrieben, auf 120 Mann und 96 Pferde herabgesetzt).
Die Artillerietruppen und -Behörden umfassen: eine Artillerie-Oberinspektion (Athen), ein artilleristisches Beratungskomitee (Athen), Generalinspektion des Kriegsmaterials (Athen), 14 Zeugartillerie-Inspektionen mit einer Compagnie Zeugartillerie (218 Mann, 61 Pferde), das Arsenal in Nauplia mit einem Stäbe und 1 Compagnie technischer Arbeiter (4 Offiziere, 140 Mann) und 3 Feldartillerieregimenter mit 20 Batterien (das 1. und 2. Regiment haben je 4 Feld- und 3 Gebirgs-, das 3. hat je 3 Feld- und Gebirgsbatterien). Der nominelle Friedensstand einer Feldbatterie ist 132 Mann, 64 Pferde, 6 Geschütze [* 8] (Krupps [* 9] 8,7 cm) und 6 Munitionswagen, der einer Gebirgsbatterie 122 Mann, 18 Pferde, 30 Maultiere, 6 Geschütze (Krupps 7,5 cm) und 7 zweiräderigen Munitionskarren.
Die technischen Truppen umfassen 1 Genie-Inspektion, 1 technisches Beratungskomitee, 4 Geniedirektionen, 1 topogr. Abteilung; ferner 1 Genieregiment zu 2 Bataillonen (à 4 Compagnien mit je 119 Mann, das 1. Bataillon hat außerdem eine Eisenbahn- und Telegraphencompagnie, 118 Mann, 4 Pferde, 45 Maultiere) und 1 Feuerwehrcompagnie für Athen (141 Geniesoldaten, 15 Pferde, 22 Maultiere), endlich 1 Traincompagnie (54 Mann, 60 Maultiere) und 2 Sanitätscompagnien (je 9 Offiziere, 224 Mann, 4 Pferde, 21 Maultiere).
Der gesetzliche Friedensstand beträgt 18727 Mann Infanterie, 1608 Mann Kavallerie, 3382 Mann Artillerie, 1040 Mann technische Truppen u. s. w., 3743 Mann Gendarmerie, im ganzen 28500 Mann. Am betrug die Stärke [* 10] 29874 Mann (darunter 2160 Offiziere, 230 Fähnriche, 3469 Unteroffiziere, und 593 Spielleute), 2250 Pferde und 466 Maultiere. Aus Sparsamkeitsrücksichten wurde diese Stärke für 1893 festgesetzt auf 1855 Offiziere, 4621 Unteroffiziere, 666 Spielleute, 15324 Mann, 2182 Pferde und 303 Maultiere.
Für das Intendanzwesen bestehen 4 Inspektionen und 10 Administrationen; ferner 4 General- sowie 4 Special-Zeugmagazine. Von militär. Bildungsanstalten bestehen: die Artillerie- und Genieschule «Evelpides» in Peiraieus mit 5 Jahrgängen, nach deren Absolvierung die Zöglinge als Offiziere ausgemustert werden;
Infanterie- und Kavallerieschule mit 3 Jahrgängen für Unteroffiziere, die nach Absolvierung den Offiziersgrad erlangen;
Infanterie-Schießschule für Offiziere, nach franz. Muster eingerichtet;
Kavallerie-Equitationsschule in Athen, Reserve-Offizieraspirantenschule in Korfu und eine Genieregimentsschule zur Heranbildung von Unteroffizieren.
Die Gendarmerie (115 Stabs- und Oberoffiziere, 3376 Mann zu Fuß, 256 zu Pferde) hat 1 Ober- und 3 Inspektionen, ist in 16 Divisionen eingeteilt, die ihren Sitz in den Hauptorten der Nomen haben.
Im Mobilisierungsfalle wird die Infanteriecompagnie auf 250 Mann gebracht, außerdem kann das Kriegsministerium sogleich die Neubildung von 15 weitern Infanterie- und 1 Evzonen-Bataillon veranlassen, sodaß die Gesamtstärke der Infanterie 54 Bataillone = rund 54000 Mann betragen würde. Die Kavallerie-Eskadron wird auf 175 Mann und 150 Pferde gebracht und auf jedes Regiment eine Eskadron neugebildet – im ganzen 15 Eskadrons (2250 Reiter). Bei der Artillerie bestehen 20 Batterien, 10 werden neu formiert, im ganzen 30 Batterien à 6 Geschütze und rund 130 Mann (zusammen 180 Geschütze und 4000 Mann). Ferner zwei bestehende und ein neu zu formierendes Geniebataillon (zusammen 3000 Mann). Beim Train sowie beim Intendanz- und Sanitätswesen sind für den Kriegsfall keine Maßnahmen getroffen. Es giebt 819 Reserveoffiziere aller Waffen [* 11] und 109428 gediente Unteroffiziere und Mannschaften; ferner 311 Reservemilitärärzte und 47 Reservepharmaceuten.
Uniformierung. Die Infanterie trägt dunkelblauen Waffenrock mit brandenb. Aufschlägen und Achselklappen gleicher Farbe, rotem
Kragen und Vorstößen, blaugraue Hose und franz. Käppi von der Farbe des Rockes mit Nationalkokarde und Krone darüber
, bei
Paraden meist blauen Haarbusch, die Offiziere Federbusch. Die Kavallerie trägt grünen Dolman mit karmoisinrotem
Kragen und poln. Ärmelaufschlägen, grüne Hose und grünes Käppi; die Artillerie dunkelblauen Waffenrock, Hosen
[* 12] und Käppi
(roter Haarbusch) mit karmoisinroten Vorstößen; die Jäger tragen die Nationaltracht.
Die Bewaffnung der Infanterie war noch 1876 sehr verschieden und bestand teils in gezogenen Vorderladern (Minié), teils in Chassepot-Hinterladern;
doch wurde seit 1877 die Neubewaffnung mit dem in Belgien [* 13] angefertigten Mylonas-Hinterlader (griech. Modell) durchgeführt;
jetzt führt die Infanterie das Grasgewehr 1874. Die Artillerie führte Vorderlader franz. Modells (La Hitte), jetzt Kruppsche 75 mm- und 87mm-Geschütze;
die Reiterei ist mit Pallasch und Pistole, das erste Glied [* 14] mit Lanzen, das zweite Glied mit Graskarabinern bewaffnet.
Trotz der mangelhaften Organisation waren indessen die Truppen wegen der guten Eigenschaften der Mannschaft im Gebirgskriege und namentlich zur Verteidigung des eigenen Landes sehr gut verwertbar.