mehr
Nationalität nach sind nur 1½ Proz. der Landbevölkerung Slawen (Kroaten in einigen Orten des Marchfeldes und an der Leitha, Slowaken in der nordöstlichen Ecke des Landes, Tschechen in vier Orten im Gebiet der Lainsitz), die übrigen Deutsche. [* 3] Nur in Wien, [* 4] als der Hauptstadt und dem wirtschaftlichen Zentralpunkt Österreichs, sind die verschiedenen Nationalitäten des Reichs, insbesondere die Tschechen und die Magyaren, in größerer Zahl vertreten. Die Bewohner von Niederösterreich bekennen sich, mit Ausnahme von 40,278 Evangelischen, 2099 nichtunierten Griechen und 95,058 Juden (wovon 73,222 allein auf Wien kommen), zur römisch-katholischen Religion.
Die Urproduktion des Landes ist neben der Industrie nur von geringer Bedeutung, ihr Ertrag genügt dem Bedürfnis der starken Bevölkerung [* 5] nicht. Von der Bodenfläche sind 96,5 Proz. produktiv; hiervon nimmt 45 Proz. das Ackerland ein, über 2 Proz. das Weinland, 13,6 Proz. Gärten und Wiesen, 4 Proz. das Weideland und 35,4 Proz. die Waldungen. Die wichtigsten Bodenprodukte sind: Getreide [* 6] (9 Mill. hl), Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Rüben, Gemüse und Heu. Von Wichtigkeit ist der Weinbau, namentlich liefern die sonnigen Ausläufer des Wienerwaldes gesuchte Weinsorten, während die Hügellandschaften unter dem Manhartsberg sogen. Landwein (geringere Sorte) liefern. Im ganzen übersteigt der jährliche Ertrag 1 Mill. hl. Der Viehstand ist unzureichend (1880: 106,625 Pferde, [* 7] 564,167 Rinder, [* 8] 178,541 Schafe, [* 9] 293,732 Schweine). [* 10]
Auch der Bergbau [* 11] ist nicht von großer Bedeutung; er liefert Steinkohlen (1886: 544,000 metr. Ztr.) und Braunkohlen (83,000 metr. Ztr.) im Gebiet der Voralpen, dann Graphit (13,668 metr. Ztr.) bei Mühldorf. Eisenerz wird in geringer Menge gewonnen; dagegen wird steirisches Erz zu Eisen [* 12] verhüttet (1886: 338,000 metr. Ztr.). Hinsichtlich der Industrie ragt Niederösterreich unter allen Kronländern der Monarchie hervor, und zwar durch Quantität, Qualität und Mannigfaltigkeit der Produkte.
Der Zentralpunkt dieser reich gestalteten gewerblichen Thätigkeit ist Wien (s. d.) mit seinen Vororten, doch ist auch auf dem flachen Lande die Fabrikindustrie, das kleine Gewerbe und die Hausindustrie von hoher Bedeutung. Indem wir von der Wiener Industrie hier absehen, erwähnen wir die in den südwestlichen Alpenthälern verbreitete Eisenindustrie, welche Stabeisen, Schienen, Stahl und Bessemermetall, Blech, Draht, [* 13] Werkzeuge, [* 14] Ackergeräte, Feilen, Siebwaren, Nadeln, [* 15] Stifte und Schrauben, [* 16] Sensen und Sicheln, hauptsächlich in der Gegend von Waidhofen a. d. Ybbs, Gaming, Scheibbs, St. Ägid u. a. O., liefert;
die Maschinenfabrikation in Wiener-Neustadt;
die Uhrenerzeugung in Karlstein;
die Erzeugung von Pakfong- und Nickelwaren in Berndorf, von leonischen Waren in Mannersdorf;
die großartige Ziegelfabrikation südlich von Wien;
die Glasindustrie an der böhmischen Grenze;
die Fabrikation von Chemikalien in Liesing;
die umfangreiche Bierbrauerei [* 17] in Schwechat, Liesing, Hütteldorf, Brunn etc.;
die Rübenzuckerfabrikation (3 Etablissements);
die Baumwollspinnerei, mechanische Weberei [* 18] und Druckerei in der wasserreichen Ebene von Wiener-Neustadt;
die Handweberei im Waldviertel, die Kammgarnspinnerei in Vöslau, die Erzeugung von Decken in Stockerau und Korneuburg;
die Lederfabrikation bei Krems;
die Kautschukwarenfabrikation in Wimpassing;
die Papierfabrikation [* 19] (Schlöglmühl, Pitten etc.);
die ärarische Tabaksfabrikation in Hainburg und Stein.
Der
Handel ist in
Niederösterreich
sehr bedeutend, da
Wien (s. d.) der Zentralpunkt des ganzen österreich
ischen Handelsverkehrs
ist. Wesentlich befördert wird er durch die
Eisenbahnen
(Wien ist der Hauptknotenpunkt des österreich
ischen
Eisenbahnnetzes)
und durch die Donauschiffahrt. Die
Straßen haben eine
Länge von 9505 km. An
Unterrichts- und Bildungsanstalten
besitzt
Niederösterreich außer der
Universität in
Wien und andern höhern
Instituten daselbst (s.
Wien) 18 Gymnasien (10 in
Wien), 7 Realgymnasien (2 in
Wien), 17
Realschulen (12 in
Wien), 10
Lehrerbildungsanstalten, eine theologische Diözesanlehranstalt
(St. Pölten), eine
Militärakademie
(Wiener-Neustadt), eine Militärunterrealschule (St. Pölten), verschiedene landwirtschaftliche,
gewerbliche und
Handelslehranstalten etc. Die Zahl der
Volks- und
Bürgerschulen beträgt 1577. Die Landesangelegenheiten
leiten der aus 68 Mitgliedern bestehende
Landtag und der aus ihm gewählte
Landesausschuß, die Statthalterei und die ihr untergeordneten
Behörden. Die
Justiz besorgen ein
Oberlandesgericht, ein
Landes- und ein
Handelsgericht
(Wien), 4 Kreisgerichte und 83 Bezirksgerichte.
In politischer Beziehung ist
Niederösterreich folgendermaßen eingeteilt:
Politische Bezirke | Areal | Bevölkerung | |
---|---|---|---|
QKilom. | QMeil. | 1880 | |
Städte. | |||
Wien | 59 | 1.08 | 726105 |
Wiener-Neustadt | 63 | 1.14 | 23775 |
Waidhofen a. d. Ybbs | 5 | 0.09 | 3525 |
Bezirkshauptmannschaften. | |||
Amstetten | 1669 | 30.31 | 88286 |
Baden | 771 | 14.00 | 83003 |
Bruck a. d. Leitha | 703 | 12.77 | 80524 |
Groß-Enzersdorf | 1006 | 18.27 | 50282 |
Hernals | 358 | 6.51 | 222095 |
Horn | 745 | 13.53 | 36137 |
Korneuburg | 898 | 16.31 | 76302 |
Krems | 1392 | 25.28 | 101213 |
Lilienfeld | 931 | 16.91 | 22039 |
Mistelbach | 1551 | 28.17 | 99923 |
Neunkirchen | 1207 | 21.92 | 74049 |
Ober-Hollabrunn | 1013 | 18.39 | 76166 |
St. Pölten | 1565 | 28.42 | 104001 |
Scheibbs | 1299 | 23.59 | 44834 |
Sechshaus | 319 | 5.79 | 195505 |
Waidhofen a. d. Thaya | 1220 | 22.15 | 83161 |
Wiener-Neustadt | 1182 | 21.46 | 58006 |
Zwettl | 1812 | 32.91 | 81690 |
Zusammen: | 19768 | 359.00 | 2330621 |
Vgl. »Topographie von Niederösterreich. Schilderung von Land, Bewohnern und Orten« (hrsg. vom Verein für Landeskunde, Wien 1871 ff.);
M. A.
Becker, Niederösterreich
ische
Landschaften (das. 1879);
Umlauft, Das Erzherzogtum Österreich
[* 20] unter der
Enns
(das. 1880);
»Spezial-Ortsrepertorium« (von der k. k. statistischen Zentralkommission, das. 1883).
2) Österreich
ob der
Enns oder
Oberösterreich (hierzu
Karte
»Österreich ob der Enns«),
hat ein Areal von 11,982 qkm (217,87 QM.) und wird so wie Niederösterreich durch die Donau in zwei Hälften geteilt. Das Land nördlich von der Donau wird vom Böhmerwald (Plöckelstein 1383 m) und den von diesem Gebirge ausgehenden Hochflächen (ca. 1000 m) erfüllt. Das Land südlich von der Donau zerfällt in das Alpengebiet an der Südgrenze gegen Salzburg [* 21] und Steiermark, [* 22] mit der Dachsteingruppe (2996 m), dem Kammergebirge, der Gruppe des hohen Priel oder dem Totengebirge (2514 m), der Pyrgasgruppe (2244 m), dem Hochsengsengebirge (1961 m), Höllengebirge (1862 m), Traunstein (1688 m), Schafberg (1780 m); das nördlich hiervon gelegene Gebiet ¶
Maßstab [* 24] 1:850,000.
Die Amtssitze der Bezirkshauptmannschaften sind stark, diejenigen der Gerichtsbezirke schwach unterstr.
Anschluss s. Karte »Oesterreich [* 25] unter der Enns«.
Zum Artikel »Österreich (Erzh.)«. ¶
mehr
der Voralpen mit ausgedehnten Wäldern (600-1200 m hoch); das Gebiet zwischen Traun und Enns, sanftes Hügelland mit Hochebenen abwechselnd, mit dem fruchtbarsten Boden des ganzen Landes, und das Gebiet zwischen Traun und Inn mit großen Waldflächen u. namhaften Gebirgskämmen (Hausruck 802 m). Das Land ist im ganzen sehr wasserreich und gehört, mit Ausnahme eines kleinen Landstrichs an der böhmischen Grenze, zu dem Gebiet der Donau, die unterhalb Passau [* 27] aus Bayern [* 28] eintritt und rechts den Inn mit der Salzach, die Traun, die Enns mit der Steyer aufnimmt.
Die meisten der kleinen südlichen Flüsse [* 29] sind schiffbar. An der böhmischen Grenze liegt der Schwarzenbergsche Holzschwemmkanal, welcher aus Böhmen [* 30] herüberkommt und in die Große Mühl einmündet, so daß hier eine unmittelbare Verbindung mit der Moldau besteht. Zahlreich sind die Alpenseen, von denen der Traunsee, der Hallstätter, Atter-, Mond- und Wolfgangsee als die bedeutendsten zu nennen sind. Mineralquellen gibt es nur wenige; die wichtigste ist die jodhaltige Quelle [* 31] von Hall. [* 32] Zu Ischl [* 33] und Gmunden (den besuchtesten Kurorten) bestehen Solbäder, zu Kreuzen und Ischl Kaltwasserheilanstalten.
Das Klima [* 34] kommt dem in Niederösterreich fast gleich, ist im ganzen aber um einen Grad kälter, so daß kein Weinbau möglich ist. Die Bewohner des Landes (1869: 756,537, 1880: 759,620, auf 1 qkm 63) sind mit Ausnahme der Fremden durchaus Deutsche, bekennen sich, abgesehen von 16,400 Evangelischen und 1000 Juden, zur römisch-katholischen Religion und widmen sich in der Mehrzahl (56 Proz.) der Land- und Forstwirtschaft, ein Fünftel derselben den Gewerben und der Industrie. Am dichtesten wohnen sie in der Umgebung von Linz [* 35] und Wels, am dünnsten in dem Hochthal der Steyer.
Von der Gesamtfläche des Landes sind 7 Proz. unproduktiv. Von dem produktiven Boden entfallen 38 Proz. auf Ackerland, 22 auf
Wiesen und Gärten, 3 auf Weiden (Almen) und 37 Proz. auf Waldungen. Der Ackerbau wird sehr schwunghaft betrieben und liefert
Getreide (durchschnittlich 4½ Mill. hl) über den Bedarf. Die gut arrondierten, nicht zerstückelten oberösterreich
ischen
Bauernwirtschaften können vielfach als Muster dienen. Bedeutend ist auch der Ertrag an Kartoffeln, Gemüse, Klee, Flachs, Hopfen
[* 36] und Obst.
Von letzterm werden jährlich an 300,000 metr. Ztr. gewonnen und meist
zur Bereitung von Obstwein (Cider) verwendet. Auch Weberkarden werden im untern Mühlviertel gepflanzt (jährlich
ca. 50 Mill. Stück). Die Viehzucht
[* 37] steht wie der Ackerbau auf sehr hoher Stufe. Besonders wird die Rindviehzucht durch den sorgsamen
Wiesenbau gefördert (555,155 Rinder im Jahr 1880, verhältnismäßig der größte Rindviehstand in ganz Österreich
). Bedeutend
ist auch die Schweine-, dann die Bienen- und in neuerer Zeit die künstliche Fischzucht.
Aus dem Mineralreich gewinnt man nur Kochsalz, und zwar in den großen Salzwerken zu Ebensee, Ischl und Hallstatt im Salzkammergut, [* 38] welche über 600,000 metr. Ztr. Sudsalz liefern, dann Braunkohlen (2,7 Mill. metr. Ztr., bei Wolfsegg) und Steine. Erwähnenswert sind die Gipsbrüche bei Ischl und Goisern, die Mühlsteinbrüche zu Perg, die Schleifsteinbrüche in der Gosau, die Granitbrüche bei Mauthausen, welche Wien mit Pflastersteinen versehen. Hüttenwerke existieren im Land nicht.
Die Industrie steht nicht auf gleicher Höhe mit jener in Niederösterreich, zeigt aber einen sehr erfreulichen Fortschritt. Ihre bedeutendsten Zweige sind die Eisenindustrie mit der Stadt Steyr als Mittelpunkt (Erzeugnisse: Kriegswaffen in der dortigen großartig betriebenen Fabrik, Sensen und Strohmesser in Michldorf u. a. O., Messer [* 39] und Gabeln, Ahlen, Feilen, Maultrommeln, Nägel [* 40] etc.), die Maschinenfabrikation und der Schiffbau in Linz, die Baumwollindustrie in Kleinmünchen u. a. O., die Leinweberei im Mühlviertel, die Gummiwebwarenfabrikation bei Steyr, die Bierbrauerei, Müllerei, Glas-, Papier- und Lederfabrikation u. a. Oberösterreich treibt sowohl mit Natur- als Industrieerzeugnissen einen einträglichen Handel.
Hauptgegenstände der Ausfuhr sind: Kochsalz, Brenn- und Bauholz (auf der Donau bis Wien), Holzwaren, Leder- und Eisenwaren. Für
die geistige Kultur sorgen 2 theologische Lehranstalten (Linz, St. Florian), 4 Gymnasien, 2 Realschulen, 2 Lehrerbildungsanstalten,
mehrere Handels-, Gewerbe- und landwirtschaftliche Schulen. Die Zahl der Volks- und Bürgerschulen ist 496. Das
Land wird von der Wien-Salzburger Staatsbahnlinie durchschnitten, von welcher Zweiglinien nach Budweis, Passau, Braunau, Hieflau,
Michldorf, Aussee etc. abgehen. Die Landesangelegenheiten besorgen die Landesvertretung (Landtag von 50 Mitgliedern) mit dem
Landesausschuß und die Statthalterei mit den Unterbehörden, die Justizverwaltung das Landesgericht in
Linz, 3 Kreis- und 46 Bezirksgerichte. Das Wappen
[* 41] des Erzherzogtums s. Tafel »Österreich
isch-ungarische
Wappen«. Die politische Einteilung Oberösterreichs ist folgende:
Politische Bezirke | Areal | Bevölkerung | |
---|---|---|---|
QKilom. | QMeil. | 1880 | |
Städte. | |||
Linz | 18 | 0.54 | 41687 |
Steyr | 58 | 0.07 | 17199 |
Bezirkshauptmannschaften. | |||
Braunau | 1048 | 18.97 | 54997 |
Freistadt | 1019 | 18.48 | 50235 |
Gmunden | 1415 | 25.81 | 52036 |
Kirchdorf | 1185 | 21.52 | 33147 |
Linz | 823 | 14.74 | 69314 |
Perg | 811 | 14.84 | 53400 |
Ried | 743 | 13.47 | 58470 |
Rohrbach | 829 | 15.04 | 56672 |
Schärding | 759 | 13.74 | 54300 |
Steyr | 1226 | 23.20 | 64206 |
Vöcklabruck | 1105 | 20.06 | 66785 |
Wels | 943 | 17.33 | 87172 |
Zusammen: | 11982 | 217.81 | 759620 |
Vgl. Edlbacher, Landeskunde von Oberösterreich (2. Aufl., Wien 1883);
Grassauer, Das Erzherzogtum Österreich
ob der Enns (das. 1880);
»Spezial-Ortsrepertorium« (von der k. k. statist. Zentralkommission, das. 1883).
Die Geschichte des Erzherzogtums s. unter »Österreich.-Ungarische Monarchie«, S. 503 ff.