Öhlenschläger,
Adam Gottlob, berühmter dän. Dichter, geb. zu Vesterbro, einer Vorstadt von Kopenhagen, wo sein Vater Organist war, wollte Schauspieler werden, hatte jedoch bei seinem ersten Auftreten kein Glück, nahm daher die Studien wieder auf und widmete sich der Rechtswissenschaft, nebenbei sich viel mit der altnordischen Litteratur und Dichtkunst beschäftigend. Die erste Frucht seiner romantischen Studien waren die »Guldhornene«, welche 1802 erschienen; aber erst seine »Digte« (Kopenhag. 1803) wiesen ihm seinen Platz in der dänischen Litteratur an. Er entwickelte sofort eine erstaunliche Thätigkeit als Dichter.
In den beiden Jahren 1803 und 1804 schrieb er: »Frejas Alter«, ein Singspiel;
»Tors Reise til Jotunhejm«;
das große beschreibende Gedicht »Langelandsreisen«;
das religiöse Gedicht »Jesu Kristi gjentagne Liv i den aarlige Natur«;
die tief bedeutsame symbolische »Vaulundurs Saga« und endlich »Aladdin, eller den forunderlige Lampe«, ein meisterhaft dramatisiertes Märchen aus »Tausendundeine Nacht«.
Alle diese Gedichte erschienen gesammelt als »Poetiske Skrifter« (1805, 2 Bde.). Mit Unterstützung des Staats machte er 1805-10 eine Reise durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Italien, auf welcher er die persönliche Bekanntschaft der größten deutschen Dichter machte und mehrere seiner Tragödien dichtete, z. B. »Hakon Jarl«, »Baldur hin gode«, »Palnatoke«, »Axel og Valborg«, auch mehrere Werke ins Deutsche übersetzte und (1809) in deutscher Sprache die Künstlertragödie: »Correggio« schrieb. Nach seiner Rückkehr ins Vaterland wurde er 1810 zum Professor der Ästhetik in Kopenhagen ernannt. Er gab dann heraus: Vorlesungen über Joh. Ewald (1810-11) und über Schiller (1811-12);
»Digtninger« (1811);
die Tragödie »Stärkodder« (1812);
den nordischen Romanzencyklus »Helge«, eins seiner schönsten Werke (1814; deutsch von G. v. Leinburg, 4. Aufl., Leipz. 1887);
das Trauerspiel »Hagbarth og Signe« (1815);
das dramatische Märchen »Fiskeren« sowie den Gedichtcyklus »Frederiksberg« (1817) u. a. Bald darauf (1817 und 1818) unternahm er eine zweite Reise ins Ausland (erzählt in »En Reise fortalt i Breve til mit Hjem«, 1818),
auf welcher er in Wien und Dresden seine »Axel und Walborg« zur Aufführung brachte und in Paris
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»Hroars Saga« und die Tragödie »Fostbrødrene« (1817) schrieb. Nach seiner Rückkehr verfaßte er das anmutige dramatische Idyll »Den lille Hyrdedreng« (1818) und die großartige epische Dichtung »Nordens Guder« (1819). Inzwischen war Baggesen (s. d.) nach Dänemark zurückgekehrt und hatte mehrere der neuesten Werke Öhlenschlägers heftig angegriffen. Dies gab Veranlassung zu einem Kampf, in welchem unter andern P. Hjort, A. E. Boye, C. Hauch und Poul Möller für Öhlenschläger auftraten, während er selbst sich daran nur durch eine satirische Szene in »Fiskeren« und die »Erkläring til Publikum« (1818) beteiligte.
Darauf gab er die Tragödie »Erik og Abel« (1820) und einen Band Schauspiele (1827) heraus, worin die Tragödie »Väringerne i Miklagaard«, welche den kritischen Streit aufs neue entfachte, nur daß ihn J. L. ^[Johann Ludwig] Heiberg in ruhigerer und geistvollerer, für die Ästhetik fruchtbarer Weise führte. Ferner veröffentlichte Öhlenschläger: »Nye poetiske Skrifter« (1828-29, 3 Bde.),
worin unter anderm das Heldengedicht »Hrolf Krake« mit einem originellen Metrum und die Tragödie »Langbarderne« sowie das Lustspiel »Trillingsbrødrene fra Damask« enthalten waren. Im J. 1829 wurde Öhlenschläger in der Domkirche zu Lund von Tegnér als nordischer Sängerkönig mit einem Lorbeerkranz gekrönt, eine Handlung, welche sehr viel dazu beitrug, die Dänen und Schweden einander wiederum zu nähern. Nach einer kleinern Reise durch Deutschland gab er »Prometheus« (1832-34),
eine Monatsschrift für Poesie, Ästhetik und Kritik, ferner die Tragödien: »Tordenskjold« und »Dronning Margreta« sowie den Gedichtcyklus »Norgesreisen« (1834) heraus, letzterer auf einer Sommerreise durch Norwegen geschrieben, wie durch eine andre Reise durch Fünen (1835) der Gedichtcyklus »Fyensreisen« hervorgerufen ward. Weiter erschienen: die Tragödie »Sokrates« (1836),
die meisterhaft dargestellte »Ørvarodds Saga« (1841) und das Trauerspiel »Dina« (1842),
eins der frischesten Werke seiner spätern Jahre. 1844 und 1845 besuchte er nochmals Deutschland sowie Paris, Brüssel, Antwerpen und Amsterdam und veröffentlichte nach seiner Rückkehr die Tragödie »Amleth« (1846). Seine Reise durch Schweden 1847 glich einem Triumphzug. Seine letzten Werke waren: die Tragödie »Kjartan og Gudrun« (1848),
das didaktische Gedicht »Digtekonsten« und ein neuer Romanzencyklus: »Regnar Lodbrog« (1849). Er starb als dänischer Konferenzrat in Kopenhagen, wo vor dem Nationaltheater jetzt seine Statue (von Bissen) steht. Öhlenschläger hat in der dramatischen Litteratur Dänemarks, vorzüglich im Trauerspiele, eine neue Epoche begründet, während er vermöge seiner großen Produktivität und genialen Auffassung auch auf andern Gebieten der Poesie eine nicht gewöhnliche Herrschaft errungen hat.
In den Dramen, welche nordische Sage und Geschichte behandeln, hat er zwar den nationalen Boden für die Dichtung wiedererobert; aber der weiche, sentimentale Ton stimmt nicht ganz zu der Heldenzeit des Nordens, während die Klarheit und Tiefe, die Öhlenschläger charakterisieren, ihn für alle Zeit zu einem der bedeutendsten Dichter stempeln. Öhlenschläger übertrug auch Holbergs Lustspiele ins Deutsche (Leipz. 1832-33, 4 Bde.), ebenso die Tragödien des Schweden v. Beskow (das. 1841, 3 Bde.) und bearbeitete den alten deutschen Roman »Die Insel Felsenburg« dänisch unter dem Titel: »Øen i Sydhavet« (Kopenh. 1824; deutsch, Tübing. 1826, 4 Bde.). Sein Leben ist beschrieben in »Oehlenschlægers Levnet, fortalt af ham selv« (1830-31) und in seinen »Erindringer« (hrsg. von seinem Sohn, Kopenh. 1850, neue Ausg. 1872; deutsch, Leipz. 1850-51, 4 Bde.). Eine kritische Ausgabe seiner »Poetiske Skrifter« besorgte F. L. Liebenberg (Kopenh. 1857-62, 32 Bde.). Deutsch erschienen seine Werke gesammelt Breslau 1829-30, 18 Bde., und 1839, 21 Bde.; »Dramatische Dichtungen« (Hamb. 1835) u. »Neue dramatische Dichtungen« (Leipz. 1850, 2 Bde.); »Gedichte« (2. Aufl., Stuttg. 1844).
Vgl. Arentzen, Baggesen og O. (Kopenh. 1870-78, 8 Bde.);
Derselbe, Adam O., Biographie (das. 1879);
Nielsen, Adam O. (das. 1879).